Das britische Duo Underworld entdeckt auf “Barking“ den Rave-Techno neu

Der stärkste Beat übertrumpft die übrigen. Mit den verbliebenen wird wieder aufs Schönste unter dem "Full Moon" getanzt. In dem grandiosen "Between Stars" produziert Rick Smith den gleichen kalten technoiden Rave-Beat wie damals, Mitte der 90er-Jahre. Und aufs Neue ertönt die irritierend verletzliche Stimme von Sänger Karl Hyde. Mit "Barking" hat das Duo Underworld ein Album vorgelegt, das nach Jahren der Suche im melodiösen Elektro-Popnebel wieder "The Rhythm Of Legs" beschwört, etwa in dem pulsierenden Song "Always Loved A Film".

Klingt vertraut nach dem hypnotischen Ventil, das die zwei Rhythmus-Tüftler, die bis heute Seite an Seite in der Kunst- und Designagentur Tomato wirken, Mitte der 90er-Jahre bei ihrem Durchbruch mit "Trainspotting" feierten. Der Überdruss der aalglatten Yuppie-Ära kulminierte damals in diesem eindrucksvollen Film- und Musik-Dokument seiner drogenschwangeren Kehrseite. Heute scheint Underworld daran anzuknüpfen. Der Puls des Sounds prescht nervös nach vorne. Die Temperatur wird konstant hochgehalten. Dennoch ist es kein jugendlich drängender, sondern ein wohlgeordneter Beat, an dem sowohl heutige Raver als auch erwachsen gewordene Kinder der 90er ihre Freude haben werden.

Mit dem Unterschied, dass Underworld heute eine entfremdete, globalisierte Welt beschreibt. "Wir müssen diese rasende Digitalisierung etwas ausbalancieren", sagt Karl Hyde. "Wir brauchen wieder einen etwas kranken Sound." Den schafft das Duo in wunderbar großstädtisch-deprimierten Einsamkeitsklängen, wie im dunklen "Grace", in dem plötzlich eine Indie-Gitarre den Sound-Nebel durchzuckt. Andere Songs, wie "Scribble", walzen ihre Eintönigkeit beinahe endlos aus. Als lustige Fußnote der Popgeschichte outen sich beide als große Deutschland-Fans. Sie lieben Krautrock, David Bowies Berlinphase und natürlich Kraftwerk. Die Liebe zur Maschine, gepaart mit der Stimme, habe sie überhaupt erst zusammengeführt. Einen Song widmet das Duo einem mutmaßlichen Lieblingsaufenthaltsort, dem "Hamburg Hotel". Selbst wenn sich das dank der bedrohlichen Basslinie eher nach einem ungemütlichen Ort anhört. Aber auch das passt wunderbar zu der Welt, wie Underworld sie beschreibt.

Underworld: Barking (Vertigo Berlin/Universal); www.underworldlive.com