Der Sand wird knapp in Deutschlands Lieblingsödland, der Servicewüste. Sie werden immer weniger, die Verkäufer, die vor dem Kunden flüchten oder ihn mit düpierten Blicken strafen (wie es noch in einigen Lädchen am Jungfernstieg gehalten wird), Telefonwarteschleifen, in die man so oft "Zwei!!!" oder "Ja!!!" hineinbrüllt, bis die Herzklappen versagen, oder Kellner, die Gäste hassen.

Das Serviceparadies ist schon da - und es hat etwas Höllisches an sich: Betreten des Lädchens, sofortige Aufmerksamkeit des Fachpersonals. "Können wir Ihnen helfen?" - "Nein, ich schau nur mal." - "Vielleicht einen Prosecco?" - "Ich schau wirklich nur." - "Wir haben ganz tolle Sachen in Ihrer Größe." - "Ich scha ..." - "Also, bei Ihrer Figur!" Kapitulation.

Auch im gastronomischen Bereich hat sich herumgesprochen, dass mehr irgendwie mehr ist. Kellner Nummer eins bringt die Karte und fragt, ob der Tisch recht sei, Nummer zwei zündet die Kerze an, Nummer drei kommt mit der Brotauswahl und legt einzeln per Silberkneifer vor. Nummer eins fragt nach den Getränkewünschen, Nummer zwei schüttelt die Serviette auf und drapiert sie auf des Gastes Schoß und fragt, ob's recht ist. Nummer vier (nanu?) bringt die Getränke, und fragt, ob's recht ist. Nach jedem Schluck flitzt Nummer fünf heran und schenkt nach. Beim Essen lauert der Pfefferdreher Nummer sechs im Hintergrund ... Wer zu zweit ist, sollte sich in den 30-sekündigen Pausen zwischen den Serviceoffensiven alles sagen, was zu sagen ist.

Ach, was waren das noch für Zeiten, als man stundenlang in Klamotten stöbern oder - vom Kellner vergessen - ausführlich miteinander flirten konnte! Doch, so eine Servicewüste hatte auch ihre Oasen.

Wieso grüßt die Kassiererin erst, wenn ich vor ihr stehe? Im Programm: "Ich bin nur noch hier, weil du auf mir liegst" tobt Käthe Lachmann durch den Alltags-Wahnsinn; Do 16.9.-Sa 18.9., 20.00, Polittbüro (U Lohmühlenstr.), Steindamm 45, Tickets (15,-/10,-): T. 28 05 54 67; www.polittbuero.de