Schorsch Kamerun, Theaterregisseur, Sänger, Autor und Klubbetreiber

Weil ich aus Timmendorfer Strand komme, fuhren wir öfters mal ins große Lübeck. Zum Hosenkauf. Nur Mutter und ich. Das waren noch die späten Siebzigerjahre. Neben dem Kaufhaus war ein Radio- und Fernsehladen mit kleiner Schallplattenabteilung. Dorthin verirrten sich Sachen, die da nicht hingehörten eigentlich, denn die nähere Umgebung war so brutal norddeutsch-protestantisch, wie sie buddenbrookiger nicht sein kann. Aus Kompromissgründen erlaubte mir Mutter feindlichen Ohrenstoff.

Eines Tages, ich hatte die pechschwarze, steife, nigelnagelneue Bux bereits an den Beinen kleben, entdeckte ich Cockney Rejects ("Greatest Hits Vol. I"). Hüllenaufmachung ohne Verheißung, aber die üblichen Studiofotos der Typen auf der Coverrückseite hatten jenen seltenen, ungebrochenen Randaleblick, wie sie nur England-Working-Class-Prolls haben, wie ich heute weiß. Damals war mein Kaufimpuls wesentlich unreflektierter, ich fühlte mich schlicht aufgehoben in ihren simplen Nervgesichtern. Keineswegs handelt es sich um dialektisch weiterbringende Musikversuche der Jungmänner von den Cockney Rejects, auch ist die Musikrichtung Oi-Punk in vielerlei Hinsicht keine groß zu belobigende, aber die Platte knallt nun mal bis zum heutigen Tag.

Danke Mutter.