Das Russische Kammermusikfest startet in St. Johannis

Hamburg. Auch Josef Stalin hat auf seine Weise Musikgeschichte geschrieben. Von den Komponisten und Musikern, die den bedrückenden Zuständen in der ehemaligen Sowjetunion den Rücken gekehrt haben, sind viele nach Hamburg gekommen.

Ihr musikalischer Reichtum blühte bislang allerdings eher im Verborgenen, etwa beim "Forum Neue Musik" der Christianskirche in Ottensen. Das könnte sich nun ändern: Die kürzlich eröffnete Alfred-Schnittke-Akademie ist im Begriff, sich zu einem Zentrum für russische Musik in Hamburg zu mausern. Das Haus beherbergt eine Ausbildungs- und Forschungsstätte und einen Konzertsaal. Der ist von heute an Schau- und Hörplatz des Ersten Russischen Kammermusikfests Hamburg.

Bis zum 12. September bringt das Festival entlegene Kostbarkeiten auf die Bühne der Akademie und der Kulturkirche Altona. Modest Mussorgsky ist hier als Komponist von Kammermusik zu erleben; Namen wie Nikolaj Medtner oder César Cui versprechen aufregende Entdeckungen.

Anderenorts dürften die kaum möglich sein. Beschränken sich doch die gängigen Programme allzu oft auf die Allzeitstars Tschaikowsky, Rachmaninow oder Schostakowitsch. Und Vertreter der russischen Avantgarde finden sich kaum auf den Spielplänen der etablierten Veranstalter, wenn es nicht gerade die weltberühmten Wahlhamburger Alfred Schnittke oder Sofia Gubaidulina sind - obwohl der in Hamburg ansässige Sikorski Verlag eine Reihe ebenso faszinierender, aber weniger bekannter Kollegen im Portefeuille hat.

Gefördert wird das Kammermusikfest von der Alfred-Schnittke-Gesellschaft. Sie bildet die Keimzelle des Hauses an der Max-Brauer-Allee. Die Initiative zu ihrer Gründung kam von Irina Schnittke, der Witwe des 1998 in Hamburg verstorbenen Komponisten, und von Mark Lubotsky.

Lubotsky, der Geiger und ehedem Professor an der Hamburger Musikhochschule war, gehört wie der Geiger Gidon Kremer oder die Cellistin Natalia Gutman zu den illustren Musikern, denen Schnittke Werke gewidmet hat. "Diesen Künstlern wollen wir ein ideelles Zuhause geben", sagt Institutsleiter Holger Lampson, "und wir wollen das Oeuvre Alfred Schnittkes ausbreiten, aber auch das anderer Komponisten wie Arvo Pärt oder Valentin Silvestrov."

Das Konzertprogramm ist schon jetzt beachtlich profiliert, dank der Zusammenarbeit mit Externen wie dem Verein Musikförderung, der das Kammermusikfest veranstaltet - und des selbstlosen Einsatzes der Beteiligten. Festivalleiter Gebhardt Dietsch drückt es so aus: "Man muss schon ziemlich russophil sein."

1. Russisches Kammermusikfest Hamburg Eröffnungskonzert, heute, 20.00, St. Johannis Altona (S Holstenstraße), Max-Brauer-Allee/Sternbrücke, Karten zu 15,-/erm. 10,- unter T. 390 84 81; www.musikfoerderung.de