Niemand ist eine Insel, aber jeder ist ein Zeuge seiner Zeit, ihrer Erfolge und Niederlagen. Der anglo-indische Autor Rana Dasgupta wagt sich mit seinem Debütroman "Solo" an eine Jahrhundertaufgabe. Er lässt den blinden bulgarischen Greis Simon Ulrich, der in einem schäbigen Apartment in Sofia haust, auf sein Leben zurückblicken. Auf Kriege, auf den Kommunismus und das kaum weniger verwirrende Durcheinander danach. Auf seine Freunde, seine Ängste, seine Familie.

Auf seine beiden Leidenschaften Chemie und Musik. Vor allem aber auf seine kleinen, bescheidenen Träume. Es geht immer um die Hoffung aufs bessere Morgen und um das Gefühl, immer genauer zu erkennen, wie wenig man geschafft hat. Die erste Hälfte des Buchs erzählt mit oft lakonischem Tonfall, was war, mit wem und warum. Kleine Geschichten, die die große Geschichte verstehen helfen, detailsicher beobachtet. Die zweite Hälfte halluziniert, wie ganz andere Leben sein könnten, in denen Gestalten und Begebenheiten kurz aufflackern. Geschichte wiederholt sich nicht, sie wird neu erfunden. Zwei Romane in einem also fast. Schön gemacht, aber vielleicht auch ein bisschen viel des Gutgemeinten.

Rana Dasgupta Solo, Blessing, 464 Seiten, 21,95 Euro.

Lesung am 16.9., 20 Uhr, St. Katharinen. Eintritt 12,-, Karten unter T. 30 30 98 98