Zweimal Klartext von Peer Steinbrück und Peter Struck

Seine Frau Brigitte hatte schon eine "böse Ahnung", als Peter Struck Ende Juli 2002 aus dem Urlaub gerufen und zum Krisentreffen in Kanzler Schröders Wohnung in Hannover bestellt wurde, zusammen mit Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. Der "Stern" hatte eine unangenehme Geschichte über die Geschäfte zwischen Verteidigungsminister Rudolf Scharping und dem PR-Berater Moritz Hunzinger gebracht, und Schröder war die Hutschnur geplatzt. 65 Tage vor der Bundestagswahl musste ganz schnell ein neuer Verteidigungsminister her.

Steinmeier, kräftig assistiert von Doris Schröder-Köpf, habe ihn beschworen: "Peter, du musst das jetzt machen", schreibt Struck jetzt in seinen Erinnerungen "So läuft das". Als Erstes habe er sich mal eine Broschüre über Bundeswehr-Dienstgrade und Schulterklappen besorgt, "ich war ja selbst nie Soldat gewesen". Alle dachten damals an eine Verlegenheitslösung. Aber für Struck war es ein Traumjob.

"So läuft das" ist ein Rückblick auf die spannendsten von insgesamt 30 Jahren Politik. Struck, geboren 1943 in Göttingen, studierter Jurist, wollte eigentlich Oberbürgermeister in Göttingen werden. Stattdessen wurde er 1980 "Volksvertreter im Bundestag". In Bonn und dann in Berlin ist Struck einer der letzten Sozis von altem Schrot und Korn gewesen. Und wenn einer wie er über die Kabalen der rot-grünen Regierungsbildung schreibt oder über das Universum SPD, dann erwartet man Tacheles.

Das liefert Struck, auch ganz ohne Hämefeuerwerk. Man sieht förmlich seine missbilligenden Stirnfalten, wenn er über Schröders ersten Kanzleramtschef schreibt: "Bodo Hombach wollte das große Kino und nicht die Kärrnerarbeit." Auch Schröders Auftritte als Lebemann mit Cohiba-Zigarre waren für den Pfeifenraucher Struck eine allzu "selbstverliebte Nummer". Als Fraktionsvorsitzender sah er sich oft zwischen sämtlichen politischen Kaltfronten. Vor den "hohen emotionalen Anforderungen" der Fraktion habe sich Schröder gefürchtet. Aber Emotionalität gehört zur SPD. Eigenartig, dass gerade der grummelig wirkende Struck das so gut rüberbringt.

Auch Parteifreund Peer Steinbrück ist kein "Schönwetterkumpel". Der Ex-Finanzminister versucht in seinem Buch "Unterm Strich" eine Bestandsaufnahme nach der Wirtschaftskrise und einen Ausblick auf die Zukunft. Die Krise, schreibt er, "zeigt uns wie in einem Vergrößerungsglas wirtschaftliche und politische Prozesse, die wir bisher eher verdrängt haben". Anders als der James-Dean-Film "Denn sie wissen nicht, was sie tun" müsse ein Film über uns heißen: "Denn sie tun nicht, was sie wissen". Was wir verdrängen, wird er im Buch verraten. Das wird derzeit noch gehütet wie in Fort Knox.

Peter Struck 17.9., 19.30 Uhr, Fischauktionshalle, Karten ab 10 Euro

Peer Steinbrück 16.9., 19.30 Uhr, Fischauktionshalle, Karten 12 Euro unter T. 30 30 98 98