Dora Heldt ist Verlagsvertreterin, Schreiben ihr Hobby

Schon die Verabredung zu einem Termin mit Dora Heldt ist ein Vergnügen. "Wir sollten uns nicht so früh treffen", sagt sie am Telefon. "Denn wahrscheinlich stehe ich am Morgen neben mir." Was nicht an der vorgeschlagenen Uhrzeit, sondern an der Flugangst liege. "Ich muss am Abend vorher von Wien nach Hamburg fliegen. Damit ich das überlebe, nehme ich etwas zur Beruhigung", sagt sie trocken. Denn das Fliegen, das ist eines der wenigen Dinge, die Heldt "so richtig hasst".

Wenige Tage später sitzt sie an der Langen Reihe im Café Kyti Voo, ihrem Stammladen. Der Flug liegt gut zwölf Stunden zurück. "Es war schrecklich", sagt sie und stößt ein tiefes Lachen aus. "Ich musste auch noch allein fliegen, zum ersten Mal. Und bis ich wieder in ein Flugzeug steigen muss, vergeht eine Weile."

Wenn man Dora Heldt - die im wirklichen Leben auf den Namen Bärbel Schmidt hört - genau betrachtet, kann man sich nicht vorstellen, dass sie sich vor überhaupt etwas auf der Welt fürchtet. Die große schlanke Frau mit den kurzen braunen Haaren strahlt jede Menge Selbstbewusstsein aus. So, als nehme sie das Leben mit Humor. Das tut sie eigentlich auch. "Nur beim Fliegen verstehe ich keinen Spaß."

Schnell ist klar, woher die lustigen Szenen kommen, die Dora Heldt in ihren Romanen beschreibt. In natura ist die Autorin sogar noch lustiger als in ihren Büchern. "Meine Eltern haben schon als Kind, wenn ich etwas erzählt habe, immer zu mir gesagt: Nun übertreib mal nicht so", sagt sie.

Dabei ist die 48-Jährige zum Schreiben eher zufällig gekommen. Aus Langeweile. Als Verlagsvertreterin reise man viele Monate durch das ganze Land und stelle die Neuerscheinungen vor. Doch dann gebe es im Winter einige Wochen Leerlauf. "Und die wollte ich sinnvoll ausfüllen." Ein befreundeter Literaturagent habe gesagt: "Versuch es doch mal." Und brachte gleich noch eine erste Idee mit: Es gebe viel zu wenig Unterhaltungsliteratur für Frauen ab 40. "Du bist doch genau in dem Alter." Heldt fand die Idee charmant.

Schnell waren die ersten 100 Seiten von einem Romanentwurf geschrieben. Ein Roman, "wie ich ihn selbst lesen würde". Unter ihrem Pseudonym, dem Namen ihrer Großmutter, bot sie den Versuch dem Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) an. "Ich wollte nicht, dass der Verlag nur Interesse zeigt, weil ich für ihn arbeite." Doch auch so kamen die Seiten gut an. Und der Roman "Ausgeliebt" wurde schnell gedruckt.

Der Erstling von Heldt erschien im Januar 2006. Und verkaufte sich auf Anhieb 15 000-mal. Für eine unbekannte Autorin zumindest ein Achtungserfolg. Aber noch lange kein Bestseller. Trotzdem verlegte dtv Nummer zwei mit dem Titel "Unzertrennlich" bereits im Dezember desselben Jahres.

Den großen Durchbruch brachte allerdings erst der dritte Roman "Urlaub mit Papa". "Wie es zu dieser Kettenreaktion kam, wissen wir eigentlich bis heute nicht", sagt Heldt. Fakt ist, innerhalb von wenigen Wochen gingen plötzlich Tausende Bestellungen von Buchhändlern beim Verlag ein. Mittlerweile hat sich der Roman, rund 600 000-mal verkauft. Der Film zum Buch wurde im November 2009 im ZDF ausgestrahlt. Das neuste Werk, "Tante Inge haut ab", das im Mai vergangenen Jahres erschien, verkaufte sich bereits 580 000-mal. Auch dieser Roman soll in Kürze verfilmt werden.

Doch damit nicht genug. Ende dieses Jahres erscheint der fünfte Roman der Hamburgerin. In kein "Kein Wort zu Papa" hat Heldt das - wie sie es sagt - "gleiche Personal" genutzt. Denn wieder spielen die Personen aus Roman Nummer drei und vier die Hauptrollen. "Den Ausdruck Protagonisten finde ich so hochgestochen", so ihre Erklärung. Doch dann ist Schluss mit Christine und ihrer komisch-chaotischen Familie. Zum Inhalt ihres sechsten Buches hat die Autorin bereits ein Konzept. Die ersten Seiten sind sogar schon geschrieben. Im Herbst 2011 soll das Werk auf den Markt kommen. Auch wenn es bei diesem Schreibtempo so aussieht, hetzen lässt sich Heldt nicht. "Mir kommen einfach so viele Ideen, das hört überhaupt nicht auf", sagt sie. "Und so lange kann ich ja auch mit dem Schreiben weitermachen."

Trotz der großen Erfolge ist Heldt nicht abgehoben, ganz im Gegenteil. Sie weiß, dass diese Verkaufszahlen nicht selbstverständlich sind. "Da ich aus der Branche komme, sehe ich das alles ein wenig unemotionaler", sagt sie schlicht. "Mir fehlt vielleicht einfach die Ehrfurcht." Und am Schluss setzt sie hinzu: "Ich mache mir nichts vor, die Welt hat nicht auf meine Romane gewartet und wird es auch in Zukunft nicht." Was nicht ganz stimmt, denn im Moment warten zumindest Hunderttausende Leser in Deutschland auf die lustigen Geschichten von Dora Heldt.

Dora Heldt, Tante Inge haut ab und fährt mit Papa in Urlaub, 9.9., 19 Uhr, MS "Bleichen", Abfahrt 18.15 Uhr Landungsbrücken 10, 10 Euro, inkl. Schiffsfahrt