Das Grauenvolle, das Menschen einander zufügen können, lässt den kanadischen Autor Yann Martel nicht los. In seinem Booker-Prize-gekrönten Erfolgserstling "Schiffbruch mit Tiger" metzelten sich Menschen im Namen der Religion nieder. Im Nachfolger "Ein Hemd des 20. Jahrhunderts" erzählt er den Schrecken des Holocaust anhand einer Fabel. Und auch diesmal lässt er Tiere sprechen.

Das ist nicht unproblematisch. Wie er überhaupt eine etwas verworrene Schachtelgeschichte aus nervösem literarischen Suchspiel, Krisenbericht eines Autors mit Schreibhemmung und Schuldanklage auftischt. Ein Esel und ein Brüllaffe unterhalten sich in einem Theaterstück, das ein Tierpräparator mit ominöser Vergangenheit einem Schriftsteller in Auszeit mit der Bitte um Hilfe zukommen ließ.

Die verrätselte Textmaschine, die Martel von hier aus aufsetzt, ist zuweilen abenteuerlich, manchmal banal, aber nie langweilig.

Yann Martel Ein Hemd des 20. Jahrhunderts, S. Fischer Verlag, 224 Seiten, 18,95 Euro. Lesung am 16.9., 20 Uhr, St.-Pauli-Theater. Eintritt 14,-, Karten unter T. 30 30 98 98