Zeichnungen des kalifornischen Pop-Art-Künstlers Mel Ramos sind in der Galerie Levy zu sehen

Hamburg. Die Verschmelzung der beiden Welten zu einer ist so deutlich wie das Farbenspiel kräftig. All diese Brüste, Hinterteile, Schenkel und Bäuche, verbunden in einer perfekten Schönheitslinie, sind samt ihrer jeweiligen Besitzerin nichts anderes als der Gegenstand, an den sie sich schmiegen. Wie Schokoriegel, Softdrinks, Zigarren und Ketchupflaschen sind Pin-up-Models Produkte, triviale Gebrauchsartikel, und ihre ästhetische Dimension ist die wichtigste. In der kulturellen Technik der Reklame geht es immer um das Makellose, das Perfekte. Und um Wünsche, die beim Betrachter ausgelöst werden, Fantasien und Projektionen.

Mel Ramos ist der Pop-Art-Künstler, der es geschafft hat, eine Coca-Cola-Flasche und eine nackte Schöne wie ein verführerisches Paar aussehen zu lassen. Das dürfte ihm unter Feministinnen keine Freundinnen beschert haben; sie unterschlagen dann aber den subversiven und gegen jede Affirmation zielenden Charakter der Pop-Art. Die war immer dialektisch, wenn man so will, jedenfalls bis Andy Warhol auf die Idee kam, Auftragsarbeiten von BMW und Mercedes-Benz anzunehmen.

Ramos, der 1935 in Sacramento, Kalifornien, geborene Amerikaner, pflegt wie jeder x-beliebige "Playboy"-Fotograf seine Vorliebe für Kurven und Damen, die formschön auf Sofas, Betten oder Schaukeln drapiert werden. Sie sind in ihrer Eigenschaft als Objekte pure Wunschbilder, Ramos hat nie etwas anderes als wirklich hübsche Frauen gemalt (sein Lieblingsmodell war die eigene Ehefrau). Trotzdem ist folgende Aussage des Meisters überliefert: "Ich achte darauf, dass meine Bilder geschmackvoll und nicht allzu erotisch sind, dass sie immer einen Anflug von Humor haben. Entweder versteht man, was gemeint ist, oder eben nicht."

Letztlich wurde Ramos, der seine große Zeit in den 60er- und 70er-Jahren hatte und zusammen mit Warhol, Roy Lichtenstein und James Rosenquist gezeigt wurde, zum spöttischen Betrachter der Werbe-Klischees. In dem Maße, wie die weiblichen Lustobjekte in die Konsumsphäre gezerrt werden, sind die Markenartikel libidinös besetzt: Mit dieser Gleichung arbeitet die Branche seit Anbeginn der Geschichte der Reklame, und Ramos machte die suggestive Technik, die auf einfachen psychologischen Mustern baut, zu seinem Markenzeichen. Die Frauen werden in seinen sinnlichen, aber auch immer ein wenig vulgären Nacktbildern in ein grell ausgeleuchtetes Schaufenster gestellt.

Handwerklich war das immer gekonnt, und gemäß der künstlerischen Agenda, die die Sprache der Werbung imitierte, wenig subtil. Auf einer der bekanntesten Arbeiten des Meisters lehnt eine blonde Dame, natürlich unbekleidet, an einer riesigen Davidoff-Zigarre. Ihr Mund ist leicht geöffnet: Das soll natürlich sündig aussehen.

Die Retrospektive "50 Jahre Pop Art" feiert derzeit die Arbeiten des Künstlers zwischen 1961 und 2007 und seinen Beitrag zum Genre. Ab dem 30. August zeigt die Galerie Levy die Zeichnungen Ramos', wer sie betrachtet, sollte dies immer eingedenk der Ironie tun, die Ramos seiner Sicht beimischte.

Die feinen, erotischen Gemälde von Manet und Modigliani werden von Ramos pornografisch aufgemotzt und zu zeitgenössischen Pin-ups. Die Ode an das schöne Geschlecht kann eben klassisch oder poppig angestimmt werden, und Pop bedeutet in Ramos' Lesart vor allem: Spaßig muss es sein.

Wenn die Massenmedien und die Globalkommunikation sich des weiblichen Körpers bemächtigen, sieht das eben anders aus als bei der hohen Kunst. Ramos' Ästhetik läuft am Ende immer auf dasselbe hinaus, er sagte einmal selbst: "Meine gesamte Kunst ist eine Hommage an die Frauen." Aber eben eine mit Hintersinn, trotz ihrer leichten Konsumierbarkeit. Ramos' Bilder hängen unter anderem im Guggenheim-Museum, im Museum of Modern Art, im Museum Moderner Kunst in Wien und in der Hamburger Kunsthalle.

Mel Ramos Zeichnungen, 31.8.-15.10., Vernissage heute, 19.00, dann Mo-Fr 10.00-18.00, Galerie Levy (Bus 22), Osterfeldstr. 6; www.levy-galerie.de

Das Buch zur Ausstellung "50 Jahre Pop Art" erscheint bei Hatje Cantz und kostet 19,80.