Alain Platel lieferte zum Sommerfestival-Finale tänzerische Höhepunkte

Hamburg. Ein Deckenstapel und zwei Mikrofone. Ansonsten ist die Bühne leer. In die gespannte Stille hinein knarren die Treppen der Zuschauertribüne. Die erste Tänzerin kommt, ihr folgen die Kollegen. Einer nach dem anderen. Acht an der Zahl. Sie legen seelenruhig die Kleider bis zur Unterwäsche ab und sich die roten Tücher um. Stehen und starren ins Publikum.

Der stille Beginn des gegenseitigen Beschnupperns in Alain Platels Tanzstück "Out of Context - for Pina" beim Sommerfestival auf Kampnagel täuscht. Denn Schritt um Schritt lassen die Tänzer das Tier in sich los und zum Röhren brünftiger Hirsche so gelenkig wie grotesk ihren Trieben freien Lauf. Ein permanenter Beat treibt sie auseinander und wieder zusammen. Hin und wieder schreien oder singen sie Pop-Song-Fetzen ins Mikro, nehmen es auch mal stöhnend in den Mund oder erzeugen durch Schläge Klangeruptionen. Zum "Ave Maria" winden sich Mann und Frau einsam auf der Decke in Masturbationsverrenkungen, stürzen sich dann emotionslos in heftige, akrobatisch geschmeidige Paarungen. Zunehmend gerät die Gruppe aus dem zivilisatorischen Lebenszusammenhang im Bannkreis der Bühne, die sie am Schluss wieder angezogen und gesittet verlässt - als wäre überhaupt nichts gewesen.

Auch in Platels Werk-Kontext nimmt das Pina Bausch gewidmete animalische Ritual eine Sonderstellung ein. Es fehlen die großen Bühnenbauten, die Musiker und Sänger. Der Choreograf präsentiert die Tänzer pur in ihrer unterschiedlichen Körperlichkeit, ausgeprägten Persönlichkeit und magnetischen Präsenz. Faszinierter Beifall des elektrisierten Publikums für die orgastischen (Tanz-)Höhepunkte zum Festival-Finale.

Sommerfestival Sa 18.00: Forced Entertainment And on the Thousandth Night; 22.00: Orchester-Karaoke; 23.00: Blockparty; www.kampnagel.de