Hamburg. Die Bilder sind vertraut. Büroangestellte an einem kargen Tisch neben einem Raumteiler. Alles grau in grau. Drei Angestellte planen das Abschiedsessen von Kollegin Erika. Zu zuckenden Piano-Klängen von John Cage steigern sie sich in eine Sprechraserei und verrenken sich in einer aberwitzigen Körper-Choreografie. Schließlich landen sie bei "Motsunabe", einem japanischen Eintopf mit Innereien. Erikas Lieblingsgericht. Doch eigentlich empören sie sich in ihren Sprech-Loops vor allem darüber, dass ausgerechnet sie, die Leiharbeiter, die geschasste Kollegin verabschieden müssen.

Diese Büroetage könnte natürlich überall stehen, in jeder kapitalistisch geprägten Gesellschaft. Deshalb werden die Bilder auch universell verstanden. Ausgedacht hat sie sich der Japaner Toshiki Okada. Mit seiner Performancegruppe Chelfitsch und der Kurz-Trilogie "Hot Pepper, Air Conditioner And The Farewell Speech" gastiert er derzeit beim Internationalen Sommerfestival auf Kampnagel. Die Drangsal der Gekündigten, der von Arbeitslosigkeit bedrohten Angestellten und der Leiharbeiter, gießt der junge japanische Theatermacher in szenische Tableaus von bitterer Komik.

Er führt auch die Absurdität des Alltags vor Augen. Im zweiten Teil klagt eine Angestellte einem Kollegen ihr Leid über eine frostig eingestellte Klimaanlage. In einer grotesken Szene kniet die Akteurin beinahe nieder, umfasst ihre zitternden Beine, während ihr Gegenüber hilflos nach einer Zigarettenschachtel fingert. Auch die Tonspur hat gewechselt. Sanft-melancholische Klänge der Gruppe Tortoise wehen über die karge Versuchsanordnung. Jedes Gefühl ist in der Konvention des glatt gezogenen Bleistiftrocks erstickt.

Höhepunkt des Abends ist der Monolog der nun joblosen Erika. Die Füße verrenkt, spricht sie sich in einem atemlosen Monolog zu den hyperventilierenden Klängen John Coltranes frei. Die Geschichte einer Zikade, die die Unterseite ihres Fußes zu spüren bekam, wird zum Bild ihrer geschundene Seele. Am Ende verbeugt man sich artig. Die Konvention hat gesiegt. Es überwiegt die Komik an diesem Abend. Wenn das alles nicht so traurig wäre.