Mit Vergnügen liest man in der Biografie Christoph von Dohnányis, die eine Fülle von Texten, Bildern und Gesprächen enthält. Meine erste Neugier fiel auf den Beitrag "Über Béla Bartók", in dem Dohnányi den Komponisten porträtiert. Auch wenn es zu keiner persönlichen Begegnung mit Bartók kam, so war doch der Großvater Ernst von Dohnányi die Brücke, denn dieser war nach der Jahrhundertwende in Pressburg als Komponist und Lehrer tätig, von ihm ließ sich Bartók unterrichten. Für kurze Zeit haben beide patriotisch gesinnten Ungarn miteinander gearbeitet.

Diese erste Biografie Christoph von Dohnányis wurde liebevoll und kenntnisreich von Klaus Schultz, dem Dramaturgen und Theaterleiter, mit dem Christoph von Dohnányi über Jahrzehnte zusammenarbeitete, herausgegeben. Neben eigenen Äußerungen des Dirigenten stehen Beiträge, in denen Mitglieder der Familie und Personen der Musikwelt zu Wort kommen. So entsteht ein lebendiges Bild des Dirigenten und des Menschen, der Weltkarriere machte.

Dohnányi wuchs in einer Familie auf, die künstlerisch durch Großvater Ernst von Dohnányi und die Eltern Hans und Christine von Dohnanyi geprägt war. Mit wachsamem Blick haben die Eltern früh die politischen Gefährdungen Deutschlands erkannt und sich, wie auch sein Taufpate und Bruder der Mutter, Dietrich Bonhoeffer, gegen das verbrecherische Regime des Dritten Reiches gestellt.

Zwei Beiträge, die familiäres Geschehen während der Nazijahre erhellen, stammen vom Bruder Klaus von Dohnanyi, in den Achtzigerjahren Bürgermeister Hamburgs. Damals prägte Christoph von Dohnányi als Intendant und Chefdirigent der Hamburgischen Staatsoper an der Dammtorstraße das Musikgeschehen.

Beide sind als Führungskräfte Gestalter, denen Fantasie und Genauigkeit eigen ist: mein persönlicher Eindruck. Beide waren und sind keine Dulder vom Mediokren.

Erhellend und informativ sind übrigens das Ortsverzeichnis der Dirigate und die vorläufige Diskografie am Ende des Buches.

Offen sein zu - hören. Der Dirigent Christoph von Dohnányi. Hg. von Klaus Schultz. Murmann Verlag Hamburg 2010. 36 Euro

In "Aufgeblättert" stellen im Wechsel Annemarie Stoltenberg (NDR), Rainer Moritz (Literaturhaus) und Wilfried Weber (Buchhandlung Jud) Bücher vor.