Hamburg. "Electricity Is Fiction" lautet ein Titel des Musikprojektes ANBB, bestehend aus Neubauten-Fossil Blixa Bargeld und Soundkünstler Alva Noto. Beim Kampnagel-Konzert auf dem Internationalen Sommerfestival ist die Elektronik sehr real zu spüren. Es knarzt und knistert aus allen Kanälen. Die ersten Lieder hält Bargeld am Mikrofon noch durch. Schreit heiser hinein, sampelt die eigene Stimme, so dass sie sich wie ein Vogelschwarm über Notos zuckende Rhythmen legt.

Schließlich bricht er ab. "Ich bin ja Verfechter einer kabellosen Welt. Aber da haben wir noch einen weiten Weg vor uns", knurrt er. "Das klingt jetzt nur so als gehörte es hierher." Die Pause dauert. Der Techniker rackert. Der Unmut des Sängers wächst. Kurz nachdem er schon mit einem "Unplugged-Abend" droht, geht es weiter. Denn ANBB unplugged wäre natürlich grotesk.

Das Projekt der beiden Klang-Experimentatoren lebt von einer beunruhigenden Hörspiel-Atmosphäre, die mal an Techno, Störgeräusche, Staubsauger, Zahnarztbohrer oder einen Horrorscore erinnert. Ergänzt um die dadaistische Beschwörungsformeln und Wortfetzen raunende Stimme Bargelds. Er kann aber auch zärtlich "One Is The Loneliest Number" (nach Harry Nilssons Song "One") ins Mikrofon schmatzen und pfeifen. Vor einer leer bleibenden Projektionsfläche bleibt der ganze Abend pure Musik. Laut. In andere Welten tragend. Toll.