Christine Ebeling wird wichtige Hamburger Kulturorte markieren, bevor sie verschwinden

Hamburg. Was ist, wenn Kultur plötzlich verschwindet? Wenn hier eine Galerie schließt, dort ein Theater, hier ein Musikklub, dort ein Kulturzentrum, hier ein Kino, dort ein denkmalgeschütztes Haus. Mal wegen Mieterhöhung oder Hausschwamm und Abriss. Wegen protestualen Fortziehens nach Berlin oder finaler Verarmung der Künstler. Oder weil Menschen szenig leben wollen, sich dann aber über die Kulturnachbarschaft beschweren. Wenn Kultur verschwindet, ist meistens - nichts. Bald erinnert sich keiner mehr daran. Kultur stirbt meist leise.

So wie die Natur, unser Trinkwasser, seltene Vögel, der Regenwald oder manche Känguru-Arten. Für all das gibt es Schutzgebiete, die besondere Rücksichtnahme fordern, für die eigene Regeln gelten und wo gröbliches Zuwiderhandeln unter Strafe steht.

Das wird es jetzt in Hamburg auch für die Kultur geben. Die Künstlerin Christine Ebeling, bekannt auch als Sprecherin der Gängeviertel-Initiative "Komm in die Gänge", hatte die Idee dazu und hat gleich auch das passende Schild entworfen.

"Das 'Klubsterben'", sagt sie, "die Zerstörung wichtiger, legendärer Orte, der Räume für Neulinge, Ausstellungsorte für den Nachwuchs und für Experimente, ausländische Kulturvereine, Orte der Bildung, Weggentrifizierung der Urgesteine (wie z. B. Max und Consorten oder der Egalbar) und das Inkaufnehmen der Teilschließung ganzer Museumsbereiche - alles dies lässt Hamburg nicht zur Metropole wachsen, sondern stellt der Stadt ein erbärmliches Zeugnis aus", sagt sie und hält dagegen.

Ein Mahnmal für all die resignierten, sich selbst ausbeutenden Kulturarbeiter habe sie schon mal schaffen wollen, ein Mahnmal für alle, "die sich wirklich Mühe gegeben haben, diese Stadt mitzugestalten und zu bereichern. Die Werte geschaffen haben, die es wert sind und nicht Zahlen auf irgendwelchen Haushaltsplänen oder Kontoauszügen der Behördenschreibtische".

Stattdessen favorisiert sie eine kleine und dezentrale Lösung: Am kommenden Freitag, dem 20. August, um 18.00 Uhr soll das erste Schild angebracht werden, am Haus Valentinskamp 39 - damit wird das Gängeviertel, das vor einem Jahr zum Ausgangspunkt einer breiten Debatte über den Wert von Kultur für eine lebendige und lebenswerte Stadt wurde, zum ersten "Kulturschutzgebiet" Hamburgs erklärt.

Als Urheberin der Aktion verleiht Christine Ebeling die ersten Schilder selbst, explizit nicht an Institutionen, die mit Kultur "nur gute Geschäfte machen wollen". Ihre nächsten Kandidaten: Pudel Club, Gartenkunstnetz, Egalbar und Galerie der Gegenwart. Sponsoren für viele weitere der 20 mal 20 Zentimeter großen Emaille-Schilder (produziert von Johann und Alois Razim in Wien) sind herzlich willkommen. Wer das Projekt unterstützen will, kann für 99 Euro Stifter/-in werden.

Christine Ebeling will mit ihrer Aktion sichtbar machen, wo überall Kultur in Hamburg zu Hause ist, und im Stadtbild daran erinnern, dass sich hier Menschen bemühen, über den rechtwinkligen Alltag hinaus lebenswerte Perspektiven zu träumen und zu realisieren.

Kontakt zur Initiatorin der Aktion: kulturschutzgebiet@die-optimisten.net