Jazzig, ironisch, geistreich: Ben Sidran buchstabiert zwölf Songs von Bob Dylan neu

"Dylan Same" wäre natürlich ein idiotischer Titel gewesen. "Dylan Different" ist das Mindeste, was man von einem Album mit Coverversionen von Bob-Dylan-Stücken erwarten darf, egal von wem. Ben Sidran aber - selbst Songschreiber, Pianist und renommierter Musik-Autor ("Black Talk") - wollte Dylan offenbar noch mal ganz anders anders auffassen als alle Coverer zuvor. Wie sich zwischen den Zeilen der Liner Notes herauslesen lässt, ist sein Verhältnis zu Dylan aus Anziehung und Abstoßung sonderbar gemischt. Nun hat der in den USA chronisch unterbewertete Interpret aus Chicago, der nur knapp zwei Jahre jünger ist als Dylan, ein Dutzend Songs aus dem Oeuvre des hassgeliebten Meisters neu buchstabiert. Das Ergebnis klingt mal so lässig, intellektuell und cool, als hätten Steely Dan Fünfe gerade sein lassen und einfach nur aus Spaß an der Freud' Musik gemacht, mal wie ein überraschend wenig sauertöpfisch aufgelegter Lou Reed.

Ben Sidran ist nicht nur ein guter Sänger mit erstaunlich wandlungsfähiger Stimme, er ist auch ein Storyteller, dessen Sprechgesang einen beträchtlichen Sog entfaltet. Stellenweise fühlt man sich in ein Cabaret versetzt, oder die Musik hält einen fest wie eine spannende Sendung im Autoradio, die man nicht ausmachen mag, obwohl man das Ziel der Fahrt längst erreicht hat.

Die Arrangements, gespielt von teilweise langjährigen Mitstreitern wie Bob Malach oder Michael Leonardt, folgen bei allem Reichtum an Abwechslung einer klaren, extravaganten Linie. Trompete und Bassklarinette, Saxofon, psychedelische Gitarrenklänge, ein angejazztes Schlagzeug und eher unorthodoxe Keyboards möblieren die Musik. In "Rainy Day Woman #12 & 35" kreisen ein zirpendes Hohner-Pianet, Pfeifenörgelchen, gemütlich brummelnder Kontrabass und Tambourin um die Zeile "Everybody Must Get Stoned", bis sich die Musik am Ende im Atemgeräusch eines angestrengt ziehenden Joint-Rauchers bald in Luft auflöst.

Die Lagerfeuerkracher "Knockin' On Heaven's Door" und "Blowin' In The Wind" bringt Sidran tatsächlich in maximale Opposition zu den Originalen. Entschleunigung und ein träger Minimalismus sind die Kennzeichen seiner Arrangements. "Blowin' In The Wind" singt der Ironiker Sidran, als ringe er zeilenweise mit den Tränen.

Ben Sidran: "Dylan Different" (Nardis Music/harmonia mundi)