Das Bandprojekt Tired Pony von Snow-Patrol-Sänger Gary Lightbody überzeugt auf seinem Debüt-Album mit facettenreichen Folksongs.

Hamburg. Mit seiner Band Snow Patrol ist Gary Lightbody längst im Stadionrock-Zirkus gelandet. Zuletzt begleiteten die Schotten U 2 bei deren US-Tournee im Vorprogramm. Musikalisch stagnierte Snow Patrol ebenfalls und musste für ihren melodischen Rock so wenig schmeichelhafte Bemerkungen wie "Coldplay für Arme" einstecken. Umso überraschender klingt Lightbodys Nebenprojekt Tired Pony. "Ich habe immer die Musik von amerikanischen Bands wie Wilco, Calexico, Lambchop und Smog geliebt", sagt der Snow-Patrol-Sänger. Vor allem die dunkle Seite Amerikas habe ihn fasziniert.

Die langen Tourneen mit Snow Patrol mit stundenlangen Busfahrten nutzte Lightbody zum Schreiben von Songs für eine imaginäre Band. Viele Gitarren sollten da mitspielen ebenso Banjo, Fidel, Mandoline und Dobro, Instrumente also, die zum Inventar amerikanischer Folk- und Country-Bands gehören. Im vergangenen Januar mietete er sich eine Woche lang im Studio von Produzent Jacknife Lee in Portland/Oregon ein und brachte ein paar Freunde mit, mit denen er seine Songs aufnehmen wollte. Jacknife Lee seinerseits lud Peter Buck und ScottMcCaughey von R.E.M. zu den Sessions ein.

Wo sonst im Studio elend lange an jedem Track gefeilt wird, reichten für die Tired-Pony-Aufnahmen ein paar Mikros. Um sie herum saßen die Musiker im Kreis und begannen zu singen und zu spielen.

"Am Ende der Woche haben wir uns wie eine richtige Band gefühlt", sagte Gitarrist Peter Buck, der vor allem auf der Mandoline für reizvolle Klangfarben sorgt. Insgesamt zehn Songs landeten auf dem großartigen Album "The Place We Ran From", alle wurden schon nach der ersten oder zweiten Aufnahme für gut befunden. Der Platte ist anzuhören, dass die Chemie zwischen den Musikern stimmte und sie einen Heidenspaß daran hatten, diese alles andere als fröhlichen Lieder aufzunehmen.

Lightbody schreibt weniger über die dunkle Seite Amerikas als vielmehr über die dunklen Seiten der Liebe. Statt romantischer Metaphern erscheint sie bei ihm als Droge, Sucht und Chaos. Höhepunkt dieser trübsinnigen Gedanken ist das suizidale "The Deepest Ocean There Is", in dem ein verlassener Ehemann seinen finsteren Gedanken nachhängt. Die Musik von Tired Pony ist jedoch weniger düster als die Texte. Diese Band spielt entspannten facettenreichen Folk, meilenweit entfernt vom opulenten Rock von Snow Patrol.

Gary Lightbodys kreative Auszeit hat sich gelohnt.

Tired Pony The Place We Ran From (Fiction/Coop)