Eine Ausstellung in der Staatsbibliothek erinnert an den Publizisten Kurt Hiller

Hamburg. Als Jude, Pazifist, Sozialist und Homosexueller war der Schriftsteller und Publizist Kurt Hiller in der NS-Zeit gleich mehrfach bedroht. Als ihn die Gestapo im März 1933 erstmals verhaftete, konnte er ein Exemplar von Sigmund Freuds Schrift "Das Unbehagen in der Kultur" mit in die Zelle nehmen. Da er keinen Bleistift hatte, markierte er Passagen, die er für bemerkenswert hielt, mit dem Fingernagel.

In der Staats- und Universitätsbibliothek kann man jetzt in dem aufgeschlagenen Exemplar des Freud-Buches die bis heute erhaltenen Fingernagel-Spuren erkennen. Aus Anlass seines 125. Geburtstages am 17. August zeigt die Stabi jetzt die Ausstellung "Der Weltverbesserer Kurt Hiller", die diesen heute weitgehend vergessenen Publizisten wieder ins Gedächtnis bringen will.

Erst seit der jahrzehntelang nahezu unzugängliche Nachlass 2003 in den Besitz der Kurt-Hiller-Gesellschaft gelangt ist, stehen diese wichtigen Quellen der Forschung zur Verfügung. Mit einer Fülle von originalen Dokumenten - vor allem Briefen, gewidmeten Büchern, Manuskripten und Bildern - zeichnet die Ausstellung das Leben dieses aufrechten und unangepassten Intellektuellen nach. Hiller war es, der den Begriff "literarischer Expressionismus" prägte, er schrieb für "Die Weltbühne", korrespondierte zum Beispiel mit Thomas und Heinrich Mann, Albert Einstein, Arnold Zweig und Kurt Tucholsky, kämpfte als Jurist für die Abschaffung des "HomosexuellenParagrafen 175" und gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten der pazifistischen Bewegung in Deutschland.

Nachdem er 1934 aus der KZ-Haft entlassen wurde, emigrierte er über Prag nach London. Als er 1955 nach Deutschland zurückkehrte, ließ er sich in Hamburg nieder, wo er im geistigen Leben eine wichtige Rolle spielte. Nachdem Hiller 1972 starb, geriet er immer mehr in Vergessenheit - zu Unrecht, wie die informative Ausstellung beweist.

"Der Weltverbesserer Kurt Hiller" , bis 26.9., Staats- u. Universitätsbibliothek Hamburg, Von-Melle-Park 3, Mo-Fr 9-21, Sa/So 10-21 Uhr