Die Ska-Band Karamelo Santo war zu Gast in der Fabrik. Alles war wie immer. Zum Glück

Fabrik. Auf einmal ist alles still. Kein dröhnender Bass, kein hämmerndes Schlagzeug, keine fetzenden Bläser. Die Band sitzt auf der Bühne, das Publikum auf dem Fußboden der Fabrik. Manche in der Hocke, manche auf den Knien oder im Schneidersitz. Leise spricht Sänger Pedro "Piro" Rosafa ins Mikrofon, eine meditative Ehrung der großen "Pachamama" - der Mutter Erde, die "uns schützt und nährt und uns das Leben schenkt". Für die Menschen in Argentinien, in der Heimat der Ska-Gruppe Karamelo Santo, sei die Nähe zur "Pachamama" eine Lebensphilosophie, sagt Rosafa. Seine Worte werden langsam lauter, die Bläser, der Bass und das Schlagzeug setzen ein. "Hamburgo!", schreit Rosafa dann ins Mikrofon. Die Menschen springen auf - der peitschende Offbeat kehrt zurück in die Fabrik und Karamelo Santo machen da weiter, wo sie eine Stunde zuvor begonnen hatten: bei einer rasanten Mischung aus Ska, Punk, Cumbia und Reggae.

Schwitzen, hüpfen, singen - ungefähr so lässt sich der Dienstagabend in der Fabrik zusammenfassen. Wenn Karamelo Santo ("Heiliger Bonbon") spielt, ist das keine hohe Kunst. Keine musikalische Avantgarde. Kein tonales Experiment. Das will aber auch niemand hören. Wer zum Konzert der neun Argentinier kommt, sucht vor allem nach einer südamerikanischen Tanzparty. Und die Menschen in der gut gefüllten Fabrik bekamen, was sie wollten. Da wurde auch das Akkordeon ausgepackt, um darauf eine spanische Version von "What a Wonderful World" zu begleiten, bevor die Musiker das Tempo anzogen und schließlich über treibende Beats zum Ska-Punk fanden: "Should I Stay or Should I Go" von The Clash. Im Publikum wippten die Dreadlocks im Takt auf und ab.

Seit 1993 gibt es die Band. Das letzte Album ist von 2007. Das macht nichts, Karamelo Santo sind am besten live. Sie tourten schon durch die ganze Welt, spielten mit Manu Chao. Oft gastierten sie in Hamburg. Und wer die Band nicht zum ersten Mal erlebte, weiß: Ein bisschen ist das mit Karamelo Santo so wie mit dem bekannten Funk-Saxofonisten Maceo Parker. Beide spielen zwei Stunden, manchmal länger, und lassen wenige ihrer Hits aus. Beide geben Vollgas, bei jedem Akkord. Der Zuschauer wird selten überrascht. Aber auch nie enttäuscht.