Das neue Album der amerikanischen Band Menomena ist erschienen - und es ist wirklich grandios geworden

Mit den Spielzeiten des Pop verhält es sich wie mit denen des Theaters, durchaus auch der des Fußballs. Immer gibt es einen, der kompliziert ist, vor Ideen übersprudelt und seine Kunst mit großer Geste inszeniert. Die Popmusik hat ihren Ehrgeizling in der US-Band Menomena gefunden, deren Album "Mines" soeben erschienen ist. Es ist bereits das dritte Werk der keineswegs nur Eingeweihten bekannten Band, die freilich wohl ewig auf den großen Durchbruch warten dürfte: zu intelligent, zu überwältigend, zu erfinderisch.

Ihr Plattenlabel setzt dennoch große Hoffnungen in Brent Knopf, Justin Harris und Danny Seim, die aus Portland, Oregon, stammen und in ihrer Jugend viel Musik gehört haben. Dabei dürften sie ihren Horizont derart geweitet haben, dass sie mit dem Dampfer ihrer musikalischen Vorlieben ewig fahren können. Die drei Männer sind aber keineswegs verpeilte Lenker ihres Schiffes, sondern zielstrebige. Sie fahren ein in den Hafen Indierock, dorthin, wo ihre experimentelle und progressive Ladung gelöscht wird. "Mines" ist wirklich grandios, man sollte unbedingt Kopfhörer aufsetzen, wenn man es hört.

Menomena ist auf jeden Fall Intellektuellenmusik und dabei interessanter als Jazz. Oder sagen wir: nervöser, berückender. Der einfache, sauber hingespielte Popsong ist einer Band wie Menomena viel zu billig, weshalb ihre Kompositionen fast alle ausgefeilte Strukturen haben. Dass alle drei Bandmitglieder sehr ordentlich singen können, ist ziemlich beachtlich, schließlich könnte jeder ihrer Songs auch als Instrumentalversion bestehen. Die Melodien sind schön, Alt-Saxofon und Schlagzeug ganz hervorragend gespielt.

Manchmal vermutet man bluesigen Rock als Haupttonspur, darüber werden dann komplexe Schichten gestapelt. "Queen Black Acid" schleppt sich noch so dahin, "Taos" ist schon zupackender, ehe Menomena in der Songstrecke "Killemall", "Dirty Cartoons" und "Tithe" ihr Talent für die dramatische Aufführung auslebt. Die Texte sind einigermaßen viel- und nichtssagend, suggestiv, nicht explizit. Böse Welten: "This is a play that takes place in a freezer (...) five little rooms/one for each of my husbands/one for each of my bridegrooms/and their prostitutes/and their children", heißt es in "Five Little Rooms". Ein Raum für die Ehemänner, einer für die Bräutigame, einer für deren Huren und ihre Kinder. Man möchte in keinem sein. Sondern sich auf einem Konzert die Bestätigung holen, dass nicht nur brillentragende Nerds die Musik hören, die, bei allem Anspruch, aus Seele, Passion, Gefühl besteht. Ohne Schwulst, zumindest nur mit ein bisschen.

Und das nächste Mal bitte ein Hit, auf dreieinhalb Minuten. Einen nur, für die Ehre.