Im Ahrensburger Marstall verleiht Hubert Rutkowski der Musik von Chopin Humor und Innigkeit

Hamburg. Der Pianist Hubert Rutkowski lässt eine versunkene Epoche wiederaufleben: Zu seinem Konzert am Sonntag im Ahrensburger Marstall erschien er stilecht in der Berufskleidung eines Virtuosen des 19. Jahrhunderts - der Kragen des Fracks mit Samt abgesetzt, das Rüschenhemd drunter mit roter Fliege verschlossen. Auf dem Programm stand Musik von Chopin. Und die seiner heute meist vergessenen Nachfolger: Julian Fontana, Ignacy Jan Paderewski und Theodor Leschetizky.

Die Fantasien des Chopin-Schülers Fontana entpuppten sich jedoch als recht schematisches Virtuosenfutter, in dem eingängige Melodien fingerfertig umspielt wurden. Und auch der seinerzeit so berühmte Tastenlöwe Paderewski hatte als Komponist nicht viel mehr zu bieten als nette Nichtigkeiten.

Warum Rutkowski aber eigens eine Theodor-Leschetizky-Gesellschaft gegründet hat, zeigte der zweite Teil des Konzertes: Der große Klavierpädagoge hat eine Musik aus dem Geiste Chopins und der deutschen Romantik hinterlassen, die historisch wohl ein wenig verspätet war, aber viel zu originell und einfallsreich, als dass man ihn einen Epigonen nennen dürfte. Hommage-Komponist trifft es besser. Leschetizkys Toccata zu Ehren des Großmeisters der Geläufigkeit, Carl Czerny, etwa entpuppte sich als ebenso geniales wie liebevoll ironisches Komponistenporträt.

Wie Leschetizky hat offenbar auch Rutkowski sich dem Bewahren einer für ihn zeitlosen Piano-Kultur verschrieben. Während die Chopin-Polonaise am Anfang des Abends noch ein wenig musterschülerhaft ausfiel, legte Rutkowski in die Stücke seines Vorbildes dann den ganzen Humor und die Innigkeit einer romantischen Seele.