Erst das Wehgeschrei: Unser lieber Hirsch ist weg, aber dann Entwarnung, er hat nur den Stadtteil gewechselt - das Café Hirsch wird nächsten Monat in Eppendorf eröffnen, der Kleine Speisesaal hat das Winterhuder Kellerlokal vom Hirschen übernommen und sich gleich ein Stammpublikum erarbeitet; der Siegeswille der drei Betreiber muss die Leute mitreißen. Der Oberkellner scheint nebenher ein Gedächtniskünstler zu sein, denn er war früher im Zeik am Grindel und erinnerte sich sofort, dass ich dort vor acht Jahren mal zwei Flaschen Brunello von Angelini getrunken hatte.

Die Stühle sind fast Hochstühle, wie ein Förster überblicke ich jetzt die Situation und bewundere Geschäftsmänner im Anzug mit Schlips, sie schwitzen heldenhaft. Es stimmt, was die Araber sagen - Hitze lässt sich durch Hitze vertreiben, also bei 30 Grad im Schatten auf der Speisesaal-Terrasse bitte Penne arrabbiata (5,90 Euro): Hier nach dem Originalrezept, die Sauce besteht aus Tomaten, Pfefferschoten und Petersilie, dazu etwas Parmesan, sonst nichts, gut.

Mozzarella und Basilikum liegen in der geeisten Tomatensuppe (5,90 Euro), der Erfrischungssalat besteht aus Zuckerschoten, Pinienkernen und Melone (7,90 Euro), der Thunfisch kommt mit Sesam - vielleicht könnte und sollte sich dieses Tier auch mal in einem anderen Gewürz wälzen und beispielsweise einen Schnittlauchmantel tragen. Der Koch röstet die Pfifferlinge zu den Spaghetti (10,90 Euro) oder mischt sie unter den Risotto mit Parmaschinken (11,50 Euro), ein Rote-Bete-Risotto liegt beim Saltimbocca vom Zander (15 Euro), und das Aroma der Lammfilets mit geschmolzenen Rucola-Tomaten und Rosmarinkartoffeln hat Passanten angelockt und zu Gästen gemacht.

Was Qualität und Preise betrifft, passen die Weine zum Essen, eine Flasche Chardonnay von Schneider kostet nur 20 Euro, für 19 Euro gibt's einen Roten (Poggio Delle Faine aus der Toskana) - wer keine ganze Flasche möchte, nimmt ein Glas Grünen Veltliner und trinkt dann doch zwei, drei Gläser, kostet ja kaum was (3,50 Euro für 0,2 Liter). Beim Bier haben die Chefs sich leider das Bitburger ausgesucht, diesem Pils fehlt doch jeder Charakter (damit wäre die Meckerpflicht schon getan).

Das Gebiet am Poelchaukamp wird immer schicker, die anderen Wirte gucken auf den Neuling und sorgen sich: Der Kleine Speisesaal bietet sehr viel für eher wenig Geld und ist die Entdeckung der Saison.

Kleiner Speisesaal Mo-Fr 12.00-22.00, Sa 16.00-22.00, Dorotheenstraße 33 (MetroBus 6, 25) T. 30 33 03 31