Die Galerie der Woche zeigt Fotografien von Lucja Romanowska

Gängeviertel. Wie kommt man zur Fotografie? Man ist Punk, hat stets eine Kamera bei sich und beginnt sein eigenes Umfeld zu fotografieren.

So könnte die Geschichte von Lucja Romanowska als Fotografin beginnen. Im Alter von 13 Jahren kommt sie aus Polen nach Deutschland und bewegt sich schon bald in den Kreisen der Street-Punks. In einer Gemeinschaft von Menschen, die außer ihrem selbst gewählten Außenseitertum ein sehr freundschaftliches und solidarisches Verhältnis zueinander pflegen, wie sich Lucja Romanowska, die ehemalige, keineswegs aber untreu gewordene Punkerin erinnert.

Eine Gemeinschaft auch von jungen Menschen, die im oft selbstzerstörerischen Dilemma zwischen hoch talentiert einerseits und total abgelehnt von der Gesellschaft andererseits stehen. In einer Kluft, die Wunden im Innen wie im Außen aufreißt.

Romanowska hat diese Menschen, Freunde und Wegbegleiter fotografiert und oft gezeigt, mehr mitlebend als idealisierend. Im Kutscherhaus, der Galerie im Gängeviertel aber präsentiert die junge Fotografin aktuell die ganze Palette ihres Schaffens, in der die Welt der Punks nur einen Teil einnimmt.

Unter dem Titel "Rebellen - Nachbarn - Wegelagerer" finden sich Porträts älterer Menschen sowie von engen und verstorbenen Freunden, von Transvestiten, engen Mietshäusern jenseits des Verfallsdatums und Beobachtungen an russischen Touristinnen in Israel. Die hat sie mit einer alten Kamera aufgenommen und sie nun leicht unscharf und sepiagetönt dem Verfalls-Charme des Kutscherhaus eingefügt. Als hätten hier einst Menschen gelebt, die sich in ferner Vergangenheit Zukunftsvisionen ihrer Zeit an die Wände gehängt haben. In einem anderen Raum dann das als Triptychon ausgelegte Porträt ihrer Großmutter, einer leidenschaftlichen Katholikin mit Kruzifix in den Händen und "Good old Wojtyla" an den Wänden.

Lucja Romanowskas Fotografien umgibt nicht die Aura handwerklicher Perfektion. Aber ihre emotionale Teilnahme an den Bildern und Menschen haucht der Ausstellung Leben ein. Ihre Aufnahmen gleichen einer Mischung aus Nan Goldin und investigativer Dokumentationsfotografie, aus persönlichem Tagebuch und Straßenpioniertum. In Schwarz-Weiß, farbig, analog und digital, montiert, in Groß- oder Kleinformat und präsentiert im Vergänglichkeits-Charme des Kutscherhauses - käuflich zu Preisen zwischen 45 und 150 Euro. Ein Teil der Erlöse kommt den Besetzern des Gängeviertels zugute.

Rebellen - Nachbarn - Wegelagerer Fotografien von Lucja Romanowska, bis 6.8., Mi-So 15.00-19.00, Kutscherhaus im Gängeviertel (U Gänsemarkt), Caffamacherreihe 28/Ecke Valentinskamp, Eintritt frei; Internet: www.lucjaromanowska.de , www.das-gaengeviertel.info.de

Fotoband "Euch die Uhren - Uns die Zeit" für 14,90 in der Ausstellung erhältlich