Das SHMF richtet Christoph Eschenbach in Salzau eine Geburtstagssause zum Siebzigsten aus

Salzau. Das Feiern in eigener Sache liege ihm nicht so, bekannte Christoph Eschenbach anlässlich des Konzertreigens zu seinen Ehren am Sonntag in Salzau. Aber den 70. Geburtstag der "zentralen Künstlerpersönlichkeit des SHMF", wie Schleswig-Holsteins Kultusminister Ekkehard Klug (FDP) den Jubilar in einem Grußwort nannte, wollte das Festival keinesfalls übergehen, auch wenn der Tag selbst schon ein halbes Jahr zurückliegt. Wenn, dann in Salzau, bat Eschenbach. Mit dem Festivalorchester und mit jungen Solisten, die gerade zum Sprung auf die ganz große Konzertkarriere ansetzen.

Dem SHMF, das er lange Jahre als Intendant leitete und dessen Orchesterakademie er als Chefdirigent führt, waren seine Wünsche Befehl. So entfaltete sich in drei langen Konzertblöcken ab 11 Uhr die Kunst derer, die Eschenbach, der Mentor, stolz "meine Entdeckungen" nennt. Der Frankfurter Isang Enders spielte Robert Schumanns Cellokonzert a-Moll mit tiefer Empfindung. Noch die musikantischen Passagen klangen bei ihm nachdenklich. Dan Zhu aus Peking geigte das monumentale Violinkonzert d-Moll von Schumann mit allzu scharfem Strich.

Bei Beethovens Tripelkonzert zeigte sich dann, welche spielerische und musikalische Klasse jemand haben muss, um ganz noch oben zu kommen. Im Solistentrio dieses opulent verkappten Cellokonzerts, das Beethoven nie geschrieben hat, traten der Pianist Tzimon Barto, Veteran unter den Eschenbach-Protegés, und der Geiger Erik Schumann hinter der Cellistin Alisa Weilerstein zurück. Ihre energisch-sehnsuchtsvollen Kantilenen kamen mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks, dabei mit größtmöglicher Poesie und nie nachlassendem Drive.

Der Cello-Virtuose Dimitri Maslennikov stand sich bei den haarigen Rokoko-Variationen von Tschaikowsky im Weg, Christopher Tainton machte aus der vom Orchester stellenweise etwas rustikal begleiteten Burleske d-Moll von Richard Strauss einen atemberaubenden pianistischen Parforceritt.

Rezitativ und Arie "Großmächtige Prinzessin" der Zerbinetta aus Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" und eine Mozart-Arie brachte die Sopranistin Marisol Montalvo auf die Bühne. Als hätte sie bei Lee Strasberg das Singspielen gelernt, fällt diese phänomenal intonationssichere Sängerin unverzüglich in jede emotionale Verfassung, die die Rolle gerade verlangt. Es sieht etwas manieriert aus, wie sie da augenrollend und zähnebleckend und gestikulierend ihre Partien gestaltet, aber ihre fantastische Technik gehorcht ihr blind noch in völliger Hingabe an die Figur.

Auf seine stille Art aber begeisterte am meisten Eschenbach selbst. Mit Weisheit und Umsicht, oftmals auswendig dirigierend, ordnet er das Zusammenspiel zwischen den jungen Virtuosen und dem nicht weniger spielhungrigen Nachwuchsorchester. Sein Ohr gehört zuerst den Solisten, die er ihre Geschichte in den von ihnen gewählten Tempi und Phrasierungen erzählen lässt. Wie es Eschenbach gelingt, diesen solistischen Duktus auf ein vielköpfiges Orchester so zu übertragen, dass es in Echtzeit angemessen darauf reagiert, gehört zu den größten Stärken dieses Künstlers, der auch am Dirigentenpult vor allem Kammermusiker ist.

Einige Sponsoren hatten ihm eine riesige Marzipantorte geschenkt, über die sich in der Pause sein Orchester hermachte. Später war noch so viel übrig, dass man sie portioniert eingefroren an kommende Orchesterakademiegenerationen verfüttern könnte. Ob es die noch geben wird? Schön wär's.