Für das Projekt “Meine Stadt. Deine Stadt“ sollen Mädchen und Jungen in Hamburg und Shanghai ihre Heimat fotografieren

Hamburg/Shanghai. "Nur Künstler und Kinder sehen das Leben, wie es ist", formulierte einst Hugo von Hofmannsthal. Der Aphorismus wäre keiner, wenn er nicht einen kleinen Unterschied ignorieren würde: Kinder sehen die Welt mit ihren Augen, mit einer "naiven", nicht wertenden Beobachtungshaltung, die gleichsam alles mit dem großen "Warum?" hinterfragt. Künstler hingegen addieren etwas zu ihrer Beobachtung, die bereits durch kulturelles Wissen beeinflusst ist. Damit ist die Naivität aufgehoben. Würden aus Kindern nun Künstler, gäbe es die Möglichkeit, wieder durch die Augen eines Kindes zu sehen.

Wie nun sehen Kinder die Welt, wie sehen sie ihre Stadt, sei es Hamburg oder Shanghai? Stefan von Löwis, Geschäftsführer von KinderKinder e. V., hat diese Frage zusammen mit der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder und Jugendkultur e. V. bereits vor vier Jahren zum Anlass genommen, den Wettbewerb "Ich und meine Stadt" ins Leben zu rufen. Zum 20-jährigen Bestehen der Partnerschaft zwischen Shanghai und Hamburg waren unter der Projektleitung von Julika Ronnin in Hamburg und Marina Guo in Shanghai Kinder dieser Städte mit Digitalkameras losgeschickt worden, um ihren eigenen, persönlichen Moment festzuhalten.

Von den mehr als 3000 eingesendeten Fotos wählte eine deutsch-chinesische Jury 230 aus, die in beiden Städten ausgestellt wurden. Das Abendblatt veröffentlichte die Bilder, zudem gab es einen Ausstellungskatalog.

Neben kindlichen Gemeinsamkeiten sollten auch kulturelle Unterschiede aus verschiedenen Blickwinkeln aufgezeigt werden. Frei nach Emile Zola, man habe nichts gesehen, bevor man es nicht fotografiert hat, kamen so ganz unterschiedliche Motive der beiden Städte durchs Licht ans Licht: Blumen, Stadtaufnahmen wie Hafen oder Bahnhof, Polizisten, Märkte und immer wieder Schnappschüsse von Familie, Freunden und Tieren. Die kulturellen Unterschiede wurden jedoch erst bei der Relevanz von Religion in den Bildmotiven sichtbar, aber auch in alltäglichen Situationen: Fußball spielende Kinder in den Gassen Shanghais mit der Bildunterschrift "Der Spielplatz der Kinder kann so einfach sein" wurde einem mit künstlichem Rasen angelegten Spielfeld und mitfieberndem Publikum gegenübergestellt.

Zwischen Inszenierung und Spontaneität hält sich die Fotografie als ehrliches, direktes Medium: Der Blick eines Jungen von oben auf seinen Rollstuhl zeigt eine subjektive Realität genauso wie die teilnahmslosen Blicke der Menschen einer überfüllten S-Bahn.

Vier Jahre nach diesem erfolgreichen Wettbewerb kann man durchaus die Frage stellen, wie sich die Ansichten der Stadtbetrachtung geändert haben. Ist die Schnelllebigkeit und Globalisierung genauso präsent wie die Expansion und Prozesshaftigkeit von derartigen Metropolen? So steht etwa die Expo 2010 in Shanghai unter dem Motto "Better Life, better city".

Deswegen ruft KinderKinder e.V. gemeinsam mit Abendblatt.de erneut zum Wettbewerb auf: Kinder zwischen 8 und 16 Jahren in Hamburg (und Shanghai) sind aufgefordert, ihre Sicht zu zeigen. Die besten Bilder unter dem Motto "Meine Stadt. Deine Stadt" werden am 25. September in der Hamburger Kinderbibliothek prämiert, dort sowie in Shanghai ausgestellt und online auf www.abendblatt.de gezeigt. Erstmalig zeichnet auch eine deutsch-chinesische Kinderjury das beste Bild aus.