Das Stück “Arkadien - Orte der Sehnsucht“ gerät zu säuerlichem Magermilch-Theater

Hamburg. Sie wollten keine "bildungsbürgerliche Reise von Vergil bis Goethe nachzeichnen", lassen Frank Siebert und Peter Schmidt sich im Programmheft zu "Arkadien - Orte der Sehnsucht" zitieren.

Tatsächlich springt ihre musikalisch-literarische Annäherung an Arkadien, dieses Traumland großer Geister, zwischen den Epochen und Genres. Antike und Moderne, graziöses Ballett und harsche Prosa, Lieder der Romantik und Streichquartettmusik von John Cage: Das scheinbar Inkommensurable bildet das biegsame Rückgrat dieser literarisch-musikalischen Revue der kapriziösen Langsamkeit, der man am allerwenigsten verübelte, dass sie bereits nach einer Stunde an ihr Ende gekommen war.

Am Freitag erlebte das in Zusammenarbeit mit dem SHMF realisierte Programm seine Premiere im Ernst-Deutsch-Theater. Schwer zu sagen, ob man sich auf den stets delikat pastellfarben ausgeleuchteten Arkadien-Trip eher eingelassen hätte, wäre das Ensemble überzeugender gewesen.

Zur hölzernen Rezitation von Isabel Vertés-Schütter gesellte sich die überraschend teigige von Deutschlands berühmtester Synchronstimme Christian Brückner. Es war wohl die Abwesenheit jeder Regie, die die beiden Routiniers auf die Abwege derart säuerlichen Magermilch-Theaters geraten ließ. Einzig Nina Hoger sprach so, dass man zuhören konnte, wollte, musste.

Zwei Jungs und zwei Mädchen der Ballettschule John Neumeier tanzten dazu, und dazwischen gab es komplett epigonal anmutende Choreografien des Neumeier-Tänzers Orkan Dann. Das kleine Kammerensemble - Ulrike Payer (Klavier), Armida Quartett und Jonathan Weigle - spielte sensibel und differenziert. Im Gesang der Sopranistin Ina Westphal blieben die Noten zu Franz Schuberts "Meeres Stille" und "Blondel zu Marien" leider Papier.

Wirklich verblüffend war das Satyrspiel der Videoprojektion von Pflanzen, Vögeln und einem kleinen Affen. Die Figuren sahen aus wie von alten Gobelins abfotografiert. Kaum merklich und wie in Zeitlupe aber nickten die Blütenköpfe, straffte sich das Gefieder, hoben sich die Arme. Und einer der Schmetterlinge im letzten Bild flog einfach davon. Da war es plötzlich da, erstmals und im allerletzten Moment: das flüchtige, ungreifbare Arkadien, Traumland der Sehnsucht.