Das Kaltstart-Festival geht durchwachsen weiter

Hamburg. Mit dem Humor ist es so eine Sache. Manch gut gemeinte Pointe droht schnell in Nachlässigkeit abzurutschen. So geschehen bei der Aufführung der "Ilias. Anatomie des Krieges" beim Kaltstart-Festival. Das Regieduo Krzysztof Minkowski und Dirk Moras hat für die Produktion des Heimathafen Neukölln eine eigene Textfassung erstellt. Fünf bosnische Laiendarstellerinnen und zwei Schauspieler reden von ihrem ganz privaten Unglück des Krieges.

Die Absicht ist klar, es gilt, universelle Momente zu betonen. Im Ergebnis geht der Inszenierung schon nach wenigen Sekunden jede Ernsthaftigkeit flöten. "Lasst uns den Typ vernichten, die Jungs sind fit." In dem Tenor geht es weiter. Kalauer statt Drama. Das funktioniert trotz guter Darsteller leider nicht - im Gegensatz zum ersten Teil der Heimathafen-Trilogie "Arabboy".

Die lässig hingerotzte Drogen- und Gewalt-Passion von Rashid in Neukölln wirkt zunächst ähnlich klamaukig wie die "Ilias", schafft jedoch rasch die Kurve in den Ernst. Ein Verdienst des Textes von Güner Balci und Nicole Oders einfühlsamer Regie. Das Darsteller-Trio bricht die Klischees, überrascht mit widersprüchlichen Facetten der Charaktere, wirkt sogar in den Chargen-Skizzen ehrlich und unverkrampft. Die Liebesszene von Inka Löwendorf (ebenso glaubwürdig als Frau wie als Kerl) und Hüseyin Ekici beim Federball-Spiel schlägt locker den Balkonszenen-Zauber in "Romeo und Julia".

Über Liebe oder Nicht-Liebe geraten sich drei Freundinnen in Julia Wolfs Farce "Der Du" in die Haare. Luzie lässt sich beim Barbesuch auf der Toilette mit einem Kerl ein. Plötzlich ist das ungleiche Trio auf der Flucht, weil der Stecher unglücklich gegen das Klobecken knallte. Die Hetzjagd mit dem halbtoten "Der Du" wird zum skurrilen Mix aus Krimi und Roadmovie. Das leichtgewichtige Stück gewinnt durch das charmant-direkte und sicher Pointen und Typen setzende Spiel von Lisa Arnold, Viola Pobitschka und Sabrina Tannen Profil und Witz. Auch Michael Deegs Animationsfilme setzen die falschen, von Kinofilmen genährten Fantasien der Frauen ins Bild.

Den Trug von Bildern und Geschichten ironisiert auch Alexander Riemenschneider im heiter absurden "Diaabend mit Freunden". Denn was bleibt von Ferien und Freizeit? Fotos. Und die Verklärung der erlittenen Urlaubsleiden. Das locker zur Diaschau improvisierende Schauspieler-Quartett hat dabei seine liebe Not. Denn: Humor auf Abruf herzustellen ist nicht so einfach, wie es aussieht.

Kaltstart heute: Autorenlounge Abend 1 mit Syha-Naumann-Steinbuch/Hausmann Hierzegger-Finger, 20.00, Terrace Hill, Karten unter T. 428 38 41 65, tickets@Kaltstart-hamburg.de