Christoph Eschenbach hat das Hamburger Mahler-Jahr eröffnet

Hamburg. Ein leises Lächeln schien die Lippen von Christoph Eschenbach zu umspielen, als er die Bühne der Laeiszhalle betrat. Da schimmerte wohl die Vorfreude auf ein besonderes Konzertereignis durch: Zur offiziellen Eröffnung des Hamburger Mahler-Jahres durfte sich Maestro Eschenbach der fünften Sinfonie und den Rückert-Liedern eines seiner Lieblingskomponisten widmen - gemeinsam mit Bariton Thomas Hampson und den Nachwuchsmusikern des Schleswig-Holstein Musik Festival Orchesters, das ihm so am Herzen liegt.

Die Vorfreude war berechtigt, denn die Zusammenarbeit zwischen dem erfahrenen Sänger und seinen jungen Kollegen funktionierte über weite Strecken prächtig - und bescherte den Hörern zunächst eine Begegnung mit den sonnigen Seiten von Gustav Mahler. In seinen Rückert-Liedern beschwört er die Liebe um der Liebe willen oder den linden Duft einer Linde und schlägt dabei einen spätromantisch-schwärmerischen Tonfall an, den Thomas Hampson mit weichem Klang und hellen Farben auskostete: Der Bariton wehrt sich gegen ein allzu düsteres Mahler-Bild und schien selbst im wunderbar wehmütigen Abschiedslied "Ich bin der Welt abhanden gekommen" noch eine Prise bittersüßer Freude zu entdecken. Da bezauberte er sein Publikum mit seinem zartesten Balsam-Legato - und ein leises Lächeln schien auch seine Lippen zu umspielen.

Die Mitglieder des SHMF-Orchesters - mit herausragenden Talenten aus 20 Ländern bestückt - begleiteten Hampson hochsensibel und ließen sich von Christoph Eschenbach bis ins fast unhörbar geflüsterte Pianissimo herunterdimmen.

Dass der international besetzte Klangkörper schon längst zu einem verschworenen Haufen zusammengewachsen ist, der seinem Chef durch dick und dünn folgt, war erst recht in Mahlers Fünfter Sinfonie zu erleben: Die Musiker ließen sich von Eschenbachs fiebriger Energie anstecken, stürzten sich förmlich in den Kontrastreichtum des Stücks hinein, das nach einem gewaltigen Totenmarsch, lärmenden Tänzen und zarten Streicherliebkosungen im Jubel endet. Natürlich erreicht so ein Nachwuchseliteorchester noch nicht die Perfektion eines über Jahrzehnte gereiften Ensembles - doch dafür entfaltet die Musik eine umwerfende emotionale Kraft. Und wieder schien ein leises Lächeln Eschenbachs Lippen zu umspielen.