Fast 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung erscheint Emira Kusturicas Großwerk “Time of the Gypsies“ in einer vorbildlichen Edition auf DVD.

Gut Ding will Weile haben. Dies ist der Film, der Emira Kusturica, diesen obsessiven Bild-Erfinder, im Sommer 1991 schlagartig in Deutschland einem größeren Publikum bekannt machte. Nun, fast 20 Jahre später, erscheint er endlich in einer vorbildlichen Edition auf DVD. "Time of the Gypsies" raubte einem damals, ich erinnere mich gut, mit seiner Lebensfreude und Sinnlichkeit die Sinne. Prall, burlesk, wild, lärmend, überschäumend, brutal, realistisch, aber auch romantisch, sentimental, zärtlich, märchenhaft und melancholisch - zahlreiche Adjektive kamen einem gleich in den Sinn, und erst beim Verlassen des Kinos fiel einem auf, wie sehr sie sich widersprachen, wie sehr Kusturica die Gegensätze vereinte.

Und dann diese betörenden Bilder, etwa der Fluss, der sich bei einem Fest in ein Lichtermeer verwandelte, und diese wunderschöne Musik, die zwischen Trauer und Überschwang pendelte. Kusturicas Film war anders und ist es noch - irgendwo angesiedelt zwischen den Bilderwelten von Federico Fellini und Andrej Tarkovskij, Otar Iosseliani und Alejandro Jodorowsky.

"Time of the Gypsies" ist die Chronik des Heranwachsens eines naiven Romajungen namens Perhan. Nur zu gern würde er seine große Liebe Azra heiraten. Doch deren Mutter ist dagegen. Enttäuscht verlässt er sein Heimatdorf in Jugoslawien, eigentlich, um seiner gehbehinderten Schwester eine Operation zu ermöglichen. Doch dann reist er weiter nach Italien. Dort hält er sich mit Betteln, Betrug und Diebstahl über Wasser. Als er nach Hause zurückkehrt, heiratet er endlich die schwangere Azra - obwohl er ihr nicht glaubt, dass das Kind von ihm ist. Jahre später erst macht sich Perhan in Mailand auf die Suche nach seiner verschollenen Schwester, die zur Prostitution gezwungen wurde. Doch damit ist sein Leidensweg noch nicht zu Ende.

Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen - das ist mal überwältigend, dann wieder anstrengend und mit seinen 137 Minuten vielleicht zu ausufernd. Trotzdem: "Time of the Gypsies" ist ein turbulentes und packendes Melodram aus der Welt der Roma, das 1989 bei den Filmfestspielen in Cannes den Preis für die beste Regie erhielt. Gedreht wurde in Romani, der Sprache der Roma, und wer mag, kann die DVD im Original mit deutschen Untertiteln schauen. Als Bonus gibt es, neben dem Trailer, ein alternatives Ende und ein 21-minütiges Interview, in dem Kusturica 2007 auf den Film und die Dreharbeiten zurückblickt.

Time of the gypsies: Jugoslawien 1989, 137 Min., ab 16 J., www.winklerfilm.de