Die Grigoryan Brothers erneuern die Lust auf das Gitarrenduo

Das Gitarrenduo ist eine vergleichsweise junge Gattung, auch in der Kammermusik, vor allem aber im Jazz. In den 70er-Jahren gewannen Ralf Kolbe und Martin Illenberger, Philip Catherine und Larry Coryell, Ralph Towner und John Abercrombie mit ihren mal subtilen, mal gepfefferten Dialogen zwischen Komposition und Improvisation viele Fans für diese Form der reinen Saitenmusik. Im Trio mit John McLaughlin, Al DiMeola und Paco de Lucia verwandelte sich das simultane Gitarrenspiel mehrerer Könner dann in eine circensische Hochleistungsschau. Nach der Auflösung dieser Supergroup zirpender Egomanen hatte die Konzertgitarre im Jazz lange keinen guten Stand. Vor zwei Jahren machte das Trio MGT (Muthspiel, Grigoryan, Towner) mit seinem aufgeklärten Virtuosentum plötzlich wieder Lust aufs Zuhören, weil deren Zusammenspiel kein Wettstreit ist, sondern kluger Trialog mit ständig wechselnden Rollen.

Der bei uns am wenigsten bekannte Gitarrist von MGT heißt Slava Grigoryan. Sein Vater stammt aus Kasachstan, zog mit der Familie früh nach Australien und unterrichtete erst Slava und später auch seinen neun Jahre jüngeren Bruder Leonard im Gitarrenspiel. In Australien haben die beiden als Grigoryan Brothers bereits vier Alben veröffentlicht - mit klassischer Gitarrenmusik und eigenen Stücken. Sie spielen zusammen, seit Leonard vier Jahre alt ist.

Nun macht Wolfgang Muthspiel auf seinem Label Material Records das jüngste Werk der beiden Australier für europäische Hörer zugänglich: "Distance". Die Platte enthält neun wunderbar entspannt und kompetent gespielte Stücke von neun Komponisten, die speziell für dieses Duo schrieben. Meist musizieren die Brüder nur auf zwei Konzertgitarren, gelegentlich kommen auch Bariton- und zwölfsaitige Gitarren zum Einsatz. Puristen werden bemängeln, dass bei einem Stück auch ein Schlagzeug zu hören ist, bei "From A Dream" gibt es Streicherklänge, deren Fehlen ich nicht vermissen würde.

Denn das geradezu symbiotische Zusammenspiel der Brüder ist die reine Freude. Slava ist der Improvisationsfreudigere der beiden, aber auch Leonard klebt mitnichten an den Noten. Bald sind die Grigoryan Brothers erstmals live in Deutschland zu erleben: am 2. August in Schloss Elmau.

Grigoryan Brothers : Distance (Material Records/harmonia mundi)