“Goldene Herzen, geschundene Körper“: Antje Flemming präsentiert heute Abend im Abaton ihre Dissertation über die Rolle der Frau in den Filmen des Skandalregisseurs.

Abaton. Antje Flemming hatte ein Schlüsselerlebnis. Sie saß im Kino und sah sich Lars von Triers Melodram "Dancer In The Dark" an. Es zeigte Wirkung. "Da sind mir die Tränen über das Gesicht gelaufen", so die Medienwissenschaftlerin. "Hinterher habe ich mich gefragt, was ist denn überhaupt die Botschaft des Films?" Was mit Tränen begann, endete mit einer Dissertation über den großen Dänen. Die ist jetzt als Buch erschienen.

In "Lars von Trier - Goldene Herzen, geschundene Körper" setzt sich die Autorin speziell mit dem Frauenbild des Filmemachers auseinander. Der hat zwar stets behauptet, kein Frauenfeind zu sein, aber so einfach lässt ihn Flemming nicht vom Haken: "Er hält oft mit der Kamera drauf, ohne wegzusehen. Das ist für mich die Grenze zur Verachtung." Aber wie so viele, die sich genauer mit von Trier beschäftigen, hat auch sie festgestellt, dass er nicht so einfach zu fassen ist. Einerseits fand sie heraus: "Er erzählt immer dieselbe Geschichte." Andererseits findet sie seine Filme überragend. In ihrem Buch nennt sie das ein Spiel mit Provokation und Identifikation und schreibt: "So fühlt man sich als Rezipientin einerseits von den Botschaften der Filme abgestoßen, andererseits faszinieren die Strategien des Regisseurs, dem es gelingt, der Zuschauerin zunächst ein Höchstmaß an Empathie abzuringen und ihr im selben Moment den Moralspiegel vorzuhalten." Also hat sie sein Werk nach allen Regeln der Kunst und Wissenschaft seziert und herausgefunden, dass bei ihm Frauen zu Opfern werden, um den Bestand des Patriarchats zu wahren. Aber sie erkennt seine poetische Kraft an und räumt ein: "Er ist mir auch ans Herz gewachsen."

Im Abaton wird Flemming heute an Filmbeispielen zeigen, wie von Trier mit dem Thema Hysterie umgeht. Da kennt sich der häufig unter Depressionen leidende Regisseur ziemlich gut aus. Im Anschluss läuft der Skandalerfolg des vergangenen Jahres, "Antichrist", ein Kammerspiel in einer archaischen Waldhütte mit Charlotte Gainsbourg und Willem Dafoe. Eine Woche später kommt Antje Flemming zurück und gibt eine Einführung zu von Triers "Dancer In The Dark", mit dem er im Jahr 2000 die Goldene Palme in Cannes gewann.

Lesung 19.00 Uhr , Antichrist 20.45 Uhr, Abaton (MetroBus 4 + 5), Allende-Platz 3 "Lars von Trier. Goldene Herzen, geschundene Körper". Bertz + Fischer. 256 Seiten. 25,-