Hamburg. Als sich die Philharmoniker im letzten Drittel der regulären Spielzeit des WM-Finales durch den "Tanz der Stunden" aus Amilcare Ponchiellis Oper "La Gioconda" kurkapellten, musste der Fußballfreund im Rezensenten echt die Zähne zusammenbeißen. Die Operngala "Verdi und Verismo" hatte ihn zuvor mit mancher schönen und ergreifenden Arie verwöhnt, aber dieser von Simone Young gewohnt sportiv durchdirigierte "Danza delle ore" ist von pompöser Belanglosigkeit. Gefühlt reine Spielverzögerung.

Im ersten Teil war es schon einmal dick gekommen: Da postierten sich Trompeter, Posaunisten und ein Tubaspieler oben im Parkett und bliesen im Wechselspiel mit dem Orchester auf der Bühne ihre düsteren Pfundnoten aus dem Prolog des "Mefistofele" des Verdi-Librettisten Arrigo Boito in den Saal. Galafüllstoff. Musik, um den Solisten eine Erholungspause zu gönnen.

Die brauchten sie auch. Violeta Urmana und Johan Botha sangen sich durch ein beachtliches Pensum konditionsfordernder Arien von Verdi, Puccini und Ponchielli, das die Urmana mit einem kraftvollen und klangschönen "Vissi d'arte" und er mit "Nessun dorma" als Zugaben krönten.

Botha glänzte mit seinem Tenor, der in den Spitzentönen an die Durchschlagskraft eines Schneidbrenners heranreicht, der aber über viele fein abgestufte Zwischentöne auch zu schöner Intimität findet. Nur der Vokuhila-Haarschnitt und die barocke Leibesfülle des Künstlers lenkten das Ohr vom rein hörenden Genuss ab.

Violeta Urmana erntete mit ihrer in Gesangskunst verwandelten Leidenschaft und Leidensfähigkeit viele Bravorufe. Ohne jedes Chargieren oder Augenrollen sang sie ihre Arien. Ein Kraftwerk der Gefühle, aber die Energieabgabe hat sie voll unter Kontrolle. Wer die Übertexte mitlas, sah, wie oft sie rollenbedingt abwechselnd den Tod herbeisehnte oder ihn sich gleich selbst beibringen wollte. Das Unzeitgemäßeste an diesen Opern ist fraglos ihr Frauenbild. Auch der Chor der Staatsoper hatte mit dem Gefangenenchor "Va pensiero" aus "Nabucco" seinen Wunschkonzertauftritt. Großer Jubel für alle.