Hamburgs Architektenbüro gmp hat Chinas größtes Schifffahrtsmuseum in der Nähe von Shanghai gebaut. Jetzt wird es eröffnet.

Hamburg. Am Sonntag werden die ersten Besucher kommen und wahrscheinlich erst einmal Schlange stehen, bevor sie das Maritime Museum im 60 Kilometer südlich von Shanghai gelegenen Lingang betreten können. Offiziell eingeweiht wurde der weithin sichtbare und schon deshalb wahrzeichenhafte Bau, den das Hamburger Architektenbüro Gerkan Marg und Partner (gmp) entworfen hat, bereits in der vergangenen Woche, doch erst jetzt wird er fürs Publikum geöffnet.

Dass das Interesse groß ist, liegt sicher nicht nur an der Funktion, sondern ebenso an der spektakulären Form dieses außergewöhnlichen Bauwerks, das schon jetzt als Wahrzeichen der völlig neu entstehenden Stadt Lingang gilt. Um das von Überbevölkerung bedrohte Shanghai - für 2020 werden dort 23 Millionen Einwohner prognostiziert - zu entlasten, hatte gmp den Auftrag erhalten, unweit des Container-Tiefseehafens Yangshan am Chinesischen Meer mit Lingang eine Satellitenstadt auf einer Fläche von 74 Quadratkilometern für 800 000 Einwohner zu planen.

Das städtebauliche Konzept dieser Retortensiedlung hat Hamburger Bezüge, nicht nur weil es sich auf die Grundidee der traditionellen europäischen Stadt bezieht, sondern auch, weil deren Mittelpunkt ein kreisrunder See mit einer acht Kilometer langen Promenade bildet, eine Art abstrahiertes und in geometrische Form verwandeltes Pendant zur Außenalster.

Von Osten aus führt schnurgerade die Shengang Avenue auf den See und das administrative und kulturelle Zentrum zu. An der Nordseite dieser Magistrale erhebt sich in Ufernähe das ebenfalls von gmp realisierte Verwaltungszentrum des Shanghai Nanhui Districts. Genau gegenüber steht der Gebäudekomplex des neuen Museums, in dessen Zentrum zwei gewölbte Dachschalen über einem Sockel aufragen.

Diese 58 Meter hohen Schalen wirken wie eine riesige Skulptur, sie lehnen sich gegeneinander, berühren sich jedoch nur an einem einzigen Punkt in etwa 40 Meter Höhe. Wie die geblähten Segel zweier Dschunken wirken die geschwungenen Flächen, die eine große Ausstellungshalle überragen, in der historische Schiffe, darunter mehrere vollständig aufgetakelte Dschunken, und Modelle zu sehen sind.

China gehört zu den ältesten Seemächten der Geschichte, daher liegt es auf der Hand, dass das größte maritime Museum der Volksrepublik die nationale Schifffahrtsgeschichte feiert und mit einer Vielzahl von Originaldokumenten, Modellen, Plänen, Bildern, Fotografien, Computeranimationen und Filmen anschaulich macht.

Themen sind unter anderem der Kaiserkanal, dessen Geschichte knapp 2500 Jahre zurückreicht. Er verband auf einer Länge von mehr als 1800 Kilometern das nördliche China mit dem Mündungsgebiet des Jangtsekiang. Auch die Leistungen des chinesischen Admirals Zheng He, der im 15. Jahrhundert mit einer großen Flotte Expeditionen in den Pazifik, den Indischen Ozean, zur Arabischen Halbinsel und nach Ostafrika unternahm, werden in der Dauerausstellung gewürdigt. Und natürlich geht es auch um den rasant wachsenden Überseehandel der Volksrepublik, den Schiffbau und die Hafenwirtschaft.

Schon während der Aufbauphase haben sich Mitarbeiter des Museums im Internationalen Maritimen Museum Hamburg informiert. Zur Eröffnung wurde nun auch ein Kooperationsvertrag unterzeichnet, der den Austausch von Leihgaben und eine Zusammenarbeit im Ausstellungsbereich vorsieht.