Das dritte Album von M.I.A. ist alles andere als massentauglich

Hamburg. Sie lebt in einem riesigen Haus in Beverly Hills. Mit dem Sohn eines Multimillionärs und ihrem eigenen, ein Jahr alten Sohn. Das Leben von Mathangi Arulpragsam, die sich M.I.A. nennt, klingt nach Idyll und sorgenfreiem Leben. Doch die Wut der tamilisch-britischen Künstlerin ist noch lange nicht verraucht - trotz des sie umgebenden Reichtums an der Seite von Benjamin Bronfman, dem Sohn des Warner-Chefs und Milliardärs Edgar Bronfman. M.I.A. legt sich mit jedem an. Sie kämpft gegen die Regierung in Sri Lanka, sie verteufelt die Netzwerke Facebook und MySpace, sie kritisiert ihre Pop-Kollegin Lady Gaga.

Wenn man sich ihr gerade erschienenes drittes Album "Maya" anhört, scheint der Furor der 34 Jahre alten Sängerin eher noch zugenommen haben. "Erfolgreiche Tamilen sind in der Welt nicht erwünscht", glaubt sie. Ihr Vater steht der tamilischen Bewegung "Freiheitstiger von Tamil Eelam" nahe, die im Norden Sri Lankas in einen jahrelang andauernden Bürgerkrieg verwickelt war und als Terrororganisation galt. Kampf ist für M.I.A. Normalität.

So radikal ihre politischen Aussagen und so verstörend ihre Videos sind, so krude klingen auch ihre neuen Songs. Fernab des Mainstreams hat sie nach "Arular" (2005) und "Kala" (2007) jetzt "Maya" herausgebracht. Die 16 Nummern verlangen dem Zuhörer einiges ab. "The Message" und "Steppin' Up", die beiden Eröffnungsnummern, sind Aneinanderreihungen von Geräuschen. Eine Kettensäge kreischt auf, eine Bohrmaschine dreht sich mit Höchstgeschwindigkeit, das Pfeifen von Computerspielen knallt von links und rechts in die Gehörgänge. Darüber skandiert sie dadaistisch anmutende Reime wie "Rub Ba Dub Dub Rabadabadub". In "Teqkilla" sampelt sie mit ihrem Produzententeam den Klang eines in ein Glas fallenden Eiswürfels. In gängige Stile ist diese nervöse Kakofonie nicht einzuordnen. Lust auf Cocktails macht sie auch nicht.

Erst mit "Born Free", Titel Nummer neun auf "Maya", wird die Musik im weitesten Sinne herkömmlich. Das gewalttätige Video zu dem Song, von Romain Gavras inszeniert, wurde nach seiner Veröffentlichung auf YouTube sofort indiziert und von der Videoclip-Seite genommen. Es zeigte amerikanische Polizisten, die in einem Armenviertel Jagd auf rothaarige Jugendliche machen, einen Gefangenen erschießen und die anderen in ein Minenfeld treiben. Im CD-Booklet ist daraus noch ein mit Blut bespritztes Bild zu sehen. Zu knallharter Rockmusik teilt M.I.A. aus: "I'll throw this shit in ya face when i see ya ... I was born free."

Musikalisch und textlich sind diese Nummern wie ein Faustschlag ins Gesicht. Ihre Militanz paart sich in "Born Free" und in "Story To Be Told" mit Feminismus. Mit verfremdeter Stimme kritisiert M.I.A. die katholische Kirche und ihren Umgang mit Eva und dem Sündenfall. Liebe ist übrigens auch das Thema einiger Songs. Aber unpathetischer als M.I.A. hat das bisher kaum ein Popkünstler ausgedrückt. "It takes a muscle to fall in love", singt sie. Gemeint ist der Herzmuskel.