Am 8.7. landet The National im Stadtpark. Der Durchbruch nach langem Anlauf

Der Kritiker der "Süddeutschen Zeitung", einer der Besten der Zunft, urteilt doch recht hart über die 2010er-Konsensband The National: Sie mache College- und Studentenrock. Das war unbedingt despektierlich gemeint. Damit wollte er dem Indierock des New Yorker Quintetts wohl eine gewisse Tiefe absprechen. Dürfte daran liegen, dass Geschmack, Vorlieben und Rezeption vor allem etwas mit dem Alter zu tun haben. Weswegen ein reifer Mann lieber Folk hört oder Blues, und ein jüngerer dem nervösen Dringlichkeitsrock The Nationals den Vorzug gibt.

Wenn etwas dringend geworden sein sollte in der vergangenen Zeit, dann ist es die Ankunft des Erfolgs im Bahnhof The Nationals. Vier prächtige Alben hat die Band in den vergangenen elf Jahren aufgenommen; namentlich das 2007 erschienene Album "Boxer" verzückte all diejenigen, die auf treibenden Pop und inspirierte Balladen stehen. Matt Berningers Bariton ist einprägsam genug, so war The National eigentlich unverwechselbar. Manch einer hörte in The National so etwas wie eine Mischung aus Tom Waits und R.E.M., und sagen wir mal so: Das beschreibt den Sound zumindest nicht ganz falsch. Trotzdem blieb die Band eher etwas für Eingeweihte, dies- und jenseits des großen Teichs. Dabei hatte das aus Ohio stammende Quintett, dem neben Berninger die Brüderpaare Aaron und Bryce Dessner sowie Bryan und Scott Devendorf angehören, besonders hingebungsvoll an dem Stoff gestrickt, auf dem sich der Mythos des Rock 'n' Rolls ausbreitet. Die Band-Geschichte war eine, die vom Scheitern erzählte.

Da konnten die Musiker noch so viele Konzerte geben, sie blieben stets vor dem Durchbruch. Dabei dürften sie gespürt haben, dass ihnen der große Erfolg zusteht. Doch herrje, je besser die Songs auch wurden, je seelenvoller Berninger auf der Bühne barmte (man muss das mal gesehen haben!) und je perfekter die Arrangements wurden, desto mehr liebten die Geschmacksicheren diese Band. Die anderen hörten weiter Coldplay und Snow Patrol. Kein Wunder, dass Melancholie und Angst - natürlich sind auch das die Themen des Sinnsuchers Berninger - in den Texten immer Konjunktur haben. Berninger wollte laut eigenem Bekunden zuletzt unbedingt eine fröhliche Platte machen - trotz all der Karriereenttäuschungen. Herausgekommen ist dann "High Violet", dessen erstes Stück "Terrible Love" und dessen bestes Stück "I'm Afraid Of Everyone" heißt. Hoppla, dazu tanzen wir jetzt mal fröhlich Polka, oder was. Ein Werk für Sanguiniker sollte man von The National wirklich nie erwarten.

Aber was ist diese CD für ein dicker Erfolg geworden! In Amerika stand sie auf Platz zwei der Billboard Charts, in Deutschland auf Platz zehn. Der Lohn der Arbeit, für die Entsagungen und Enttäuschungen. Warum gerade jetzt? Das kann man wohl nicht erklären, es schien dann halt einfach der richtige Zeitpunkt. Wahrscheinlich haben die richtigen Leute über die Platte geschrieben, gesehen hat von denen schon jeder die selbstvergessenen, enigmatischen Auftritte Berningers. Der Erfolg kommt keine Minute zu spät und ist den Mittdreißigern, die so geduldig waren, mehr als zu gönnen. "High Violet" ist (noch) sanfter als seine Vorgänger, der sphärische Sound wird unter anderem durch Streicher und Bläser bewerkstelligt. Wäre diese Platte ein Flugzeug, sie flöge über flaches, unendliches Land. Im Video zu "Blood Buzz Ohio" marschiert Berninger über Wege und Wälder, dann trippelt er und tänzelt, mit einem Glas Rotwein in der Hand. "Ohio don't remember me", singt er. Warum sollte es?

Man darf wohl das oft geforderte und manchmal überforderte Wort "majestätisch" gebrauchen, wenn man von The National spricht. Gleiches gilt für die 70er-Jahre-Exegeten Midlake, die zusammen mit The National in den Stadtpark kommen. Mit ihrem epischen Rock waren die Texaner erst im Frühjahr im Knust. Ihr Hippierock passt freilich viel besser in den Juli als in den März. Dritte Band eines vielversprechenden Abends ist die australische Band The Middle East.

The National, Midlake, The Middle East Do 8.7., 18.30, Stadtpark (S Alte Wöhr), Saarlandstraße, Karten zu 35,- an der Abendkasse; www.open-r.de