Sängerin Charlotte Gainsbourg, Tochter berühmter Eltern, bringt am 27. Juni den Sound zur Notoperation ins Schauspielhaus.

Die meisten Popstars vertonen ihre Liebschaften. Charlotte Gainsbourg singt davon, wie es sich anfühlt, bei einer Magnetresonanztomografie in der Röhre zu liegen. Und so, wie sie es singt, hat es sogar Pop-Appeal. Dabei klingt ihr drittes Album "Irm" so ganz anders als der somnambule Vorgänger "5:55" aus dem Jahr 2003. Hatte sie sich seinerzeit den luftigen Schlafbrillenpop vom Duo Air und Songwritern wie Jarvis Cocker oder Neil Hannon schreiben und produzieren lassen, ist "Irm" ganz und gar geprägt vom rüden, gitarrenlastigen Losersound Beck Hansens.

Im Titelsong, der die französische Bezeichnung für Magnetresonanztomografie abkürzt, analysiert sie die Maschine, mit der sie sich 2007 konfrontiert sah, nach einer beim Wasserskiunfall zugezogenen Gehirnblutung. Dazu rasselt die afrikanische Perkussion. Die Gitarren baden in Disharmonie. Es gibt zunächst wenig Grund zum Aufatmen. Die "Chat Du Café Des Artistes" hat in einem dunkel wabernden Violinwald hörbar wenig zu lachen. Ein paar launige Hippie-Folk-Rhythmen liefert Gainsbourg dann überraschend noch in "Heaven Can Wait" oder in "Time Of The Assassins".

Eigene Songs will die 38-Jährige niemals schreiben. Schuld daran ist ihr Vater, Chanson-Ikone Serge Gainsbourg. Er starb, als sie 19 Jahre alt war. Zuvor hat er das Chanson in eine verruchte Lasterhöhle verwandelt und sich selbst als großen Verführer stilisiert. "Seine Melodien, sein Stil, seine Worte. Alles, was mir gefällt, erinnert mich an ihn", sagt Gainsbourg. Mit 13 Jahren nahm sie ein Duettalbum mit ihm auf. Der unter Pädophilieverdacht stehende Song "Lemon Incest" wurde zum Skandalhit. Die nervös an einer Gitanes ziehende blasse Diseuse hat sie dabei, anders als ihre ebenfalls berühmte Mutter Jane Birkin, nie gegeben.

Wie alle Kinder berühmter Eltern arbeitet sich auch Gainsbourg an ihrer Herkunft ab, wandelt auf den Spuren ihrer Mutter, Jane Birkin, zwischen Schauspielerei und Musik. Auch wenn ihre Rollenwahl, vor allem Lars von Triers nervenzerfetzendes Horrorehedrama "Antichrist" Schlimmes für ihr Seelenheil befürchten ließ. Sie überstand die Dreharbeiten mit einem Lächeln und heimste die Silberne Palme als beste Darstellerin in Cannes ein.

Scheu vor radikalen Gefühlen kennt sie auch in ihren eigenen Texten nicht. Wenn sie von sich behauptet "Ich bin nicht stark. Ich vertraue mir nicht. Kein bisschen. Ich bin gefügig und formbar", will man es ihr nicht recht abnehmen. Mit diesem Album könnte sich sogar Charlotte Gainsbourg am 27. Juni im Schauspielhaus doch noch zur Rampensau wandeln.

Charlotte Gainsbourg So 27.6., 20.00, Schauspielhaus (U/S Hbf.), Kirchenallee 39, Karten zu 38,50 bis 44,- im Vvk.; www.charlottegainsbourg.com

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Theater in Hamburg-St.Georg