Hamburg. Das Leben als Lüge, die bürgerliche Familie als Nährboden für Unmoral und Verbrechen: Claude Chabrol, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, ist in seinen mehr als 60 Filmen immer wieder auf diesen Themenkomplex zurückgekommen und zum Chronisten der französischen Bourgeoisie geworden. Sei es mit den "Fantomen des Hutmachers" (1982), mit "Hühnchen in Essig" (1985), "Die Hölle" (1994), "Biester" (1995) oder "Die Blume des Bösen" (2002), um nur einige seiner erfolgreichsten Filme zu nennen.

Immer betrachtet der "Menschenforscher", so Chabrol über sich selbst, seine Untersuchungsobjekte wie durch ein Brennglas, richtet nicht, sondern bleibt geradezu aufreizend distanziert. Was ihm gelegentlich als Zynismus ausgelegt wurde.

Eine Kategorisierung, die dem in Paris geborenen Apothekersohn nach 50 Jahren im Filmgeschäft völlig gleichgültig ist. Als Teil der Nouvelle Vague schrieb er gemeinsam mit François Truffaut, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und Eric Rohmer Filmgeschichte, gelegentliche kommerzielle Durststrecken überwand er durch gut bezahlte Auftragsarbeiten fürs Fernsehen - um sich alsbald wieder seinem erklärten Lieblingsthema, den Obsessionen des Bürgertums, zuzuwenden.

Auch mit 80 Jahren denkt Claude Chabrol noch nicht an den Ruhestand, sondern verfolgt parallel mehrere Filmprojekte, darunter die Maupassant-Verfilmung "Fettklößchen". Einen besonderen Luxus allerdings leistet sich der bekennende Feinschmecker inzwischen: Wenn irgend möglich wählt er Drehorte, an denen exzellente Restaurants zu finden sind, denn Chabrol weiß: "Man arbeitet besser, wenn man nebenbei und hinterher gut isst."

Zum Geburtstag zeigt Arte heute "Betty", das Porträt einer in ihrer trüben Ehe gefangenen Frau mit Marie Trintignant in der Hauptrolle.

"Betty" heute, 20.15 Uhr, Arte