Hamburg. Wenn man Doris Schade gegenübersaß, wusste man wieder, wie man aussehen wollte im Alter. Die elegante Gestalt, das offene Gesicht, dem nicht durch Nervengift-Injektionen seine natürlichen Bewegungen genommen wurden, die klugen, tiefblauen Augen. Doris Schade galt als Grande Dame des Münchner Theaters, und selten war ein Feuilletontitel so sinnvoll wie in diesem Fall. Schade konnte über den Zauber der Bühne reden, dass deutlich wurde, dass die jahrzehntelange Erfahrung ihrer Spielfreude keinen Abbruch tun konnte. Dabei war sie hellsichtig genug, ihren Beruf nicht zu glorifizieren.

Montagabend ist die Schauspielerin im Alter von 88 Jahren gestorben - in ihrer Münchner Wohnung und im Kreis ihrer Familie. "Sie ist friedlich eingeschlafen", sagte ihre Agentin Claudia Spies. Auf die Frage, ob der Beruf der Schauspielerin für sie ein Glück gewesen sei, antwortete Schade in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" zu ihrem 80. Geburtstag: "Ich bin weniger unglücklich, wenn ich spiele."

Die gebürtige Thüringerin Schade kam nach ihrem Debüt am Stadttheater Osnabrück und einer Reihe von Engagements an verschiedenen Bühnen Deutschlands und Österreichs 1962 an die Münchner Kammerspiele. 1972 gastierte sie bei den Salzburger Festspielen und ging anschließend für fünf Jahre an das Hamburger Schauspielhaus. Hier überzeugte sie etwa in der Rolle der Frau Alving in Ibsens "Gespenster" unter der Regie von Luc Bondy. 1977 kehrte sie an die Kammerspiele zurück; zuletzt stand sie dort in einem Liederabend von Franz Wittenbrink auf der Bühne. Der Titel: "Alle Lust will Ewigkeit".