Die Ausstellung “Patente Instrumente“ erzählt erstaunliche und tragische Geschichten. Den Audiokatalog gibt es auch als App

Hamburg. Sie sieht aus wie eine Kreuzung aus Geigenhals, Konservendose und Nebelhorn, klingt aber erstaunlich gut. Mit Stroh hat die Strohgeige nichts zu tun: Das merkwürdige Instrument, dem man statt des üblichen Korpus einen schallverstärkenden Metalltrichter verpasste, wurde nach seinem Erfinder benannt, dem Ingenieur Johann Matthias Augustus Stroh (1828-1914).

Die Strohgeige ist nur eines von zahlreichen kuriosen Musikinstrumenten, die das Museum für Kunst und Gewerbe jetzt in der Ausstellung "Patente Instrumente" zeigt. Da gibt es etwa 100 merkwürdig geformte Streich- und Blasinstrumente aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu sehen, die Ausdruck von Tüftelei und Experimentierfreude sind, vor allem aber von dem Bemühen, auf der Grundlage neuer technischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse die Klangeigenschaften von Musikinstrumenten zu verbessern. Nicht nur klassische Instrumentenbauer, sondern auch Uhrmacher, Goldschmiede, Physiker, Mediziner und Ingenieure entwickelten neuartige Flöten und Geigen, die sie sich oft auch patentieren ließen.

Manches davon war erfolgreich, wie etwa die von Theobald Böhm im 19. Jahrhundert vorangetriebene Entwicklung der Querflöte vom Holz- zum Metallinstrument mit ausgeklügeltem Griffsystem. Dagegen konnte sich das von William Bainbridge 1810 erdachte flötenähnliche Doppel-Flageolett nicht durchsetzen, obwohl es von einem Hersteller mit folgendem Versprechen beworben wurde: "Jede Dame und jeder Herr kann sich selbst mit Leichtigkeit beibringen, auf diesem neumodischen Instrument zu spielen." Und der Dresdner Tüftler Alfred Stelzner, der nicht nur die Form der Geige veränderte, sondern auch mit Violotta und Cellone gleich zwei neue Streichinstrumente erfand, wurde zwar zeitweise von Solisten und Komponisten hochgelobt, ging aber mit seiner Firma trotzdem pleite und nahm sich 1906 das Leben.

Die etwa 100 in der Ausstellung gezeigten Instrumente erzählen erstaunliche und manchmal tragische Geschichten, die man dank eines Audiokatalogs, der sich als kostenlose App herunterladen oder auf einem Leihgerät abrufen lässt, zu hören bekommt. Natürlich kann man so auch den Instrumenten selbst lauschen.

Im Laufe von Jahrzehnten hat der Hamburger Biomediziner und Hochschulprofessor Wolfgang Hanneforth etwa 250 innovative Musikinstrumente zusammengetragen und diese Sammlung 2011 dem Museum für Kunst und Gewerbe vermacht. "Um sich Ankäufe leisten zu können, gab er sogar das Rauchen auf und steckte jeden Tag das gesparte Geld in eine speziell konstruierte Büchse", erinnert sich seine Tochter Sabine Hanneforth, die schmunzelnd darüber berichtet, wie ihr inzwischen verstorbener Vater einst Transportprobleme zu lösen wusste: "Wenn er per schriftlichem Gebot wieder mal etwas bei Sotheby's oder Christie's in London ersteigert hatte, fragte er im Freundes- und Bekanntenkreis, ob jemand in absehbarer Zeit nach England fahren würde. Er habe da noch eine Geige liegen ..." Von der Strohgeige, die selbstverständlich zu den Prachtstücken der Sammlung gehört, gibt es sogar historische Aufnahmen: Da sie etwa viermal so laut wie eine normale Violine ist, wurde diese Trichtergeige bei frühen Tondokumenten mit noch mangelhafter Aufnahmetechnik Anfang des 20. Jahrhunderts gern eingesetzt. Aber hören Sie doch einfach selbst ...

"Patente Instrumente" Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, bis 30.12., Di-So 11.00-18.00, Do bis 21.00