Lothar Zagrosek führt die Philharmoniker Hamburg in die Sommerpause

Hamburg. Da hat man schon einen Saal mit Glasdecke und Tageslicht, und dann wird es am Vormittag nicht einmal richtig hell. Ein bisschen mehr jahreszeitliche Unterstützung von Petrus hätte man dem Saisonabschluss der Philharmoniker in der Laeiszhalle schon gegönnt. Das Konzert, mit dem sie sich in die Sommerpause verabschiedet haben, war nämlich erfreulich weit entfernt von dem, was man so auf konventionellen Programmen findet.

Erwin Schulhoffs Suite für Kammerorchester zog den Vorhang weit auf für das, was noch folgen sollte. Unter der Leitung von Lothar Zagrosek machten die Musiker gleich klar, wofür dieser Komponist von den Nazis als entartet diffamiert wurde: So geistreich und frech bediente sich die Musik bei populären, jazzigen und kein bisschen treudeutschen Rhythmen, das konnte ja nicht gut gehen. Vom nadelscharfen Ragtime an formte Zagrosek mit wenigen präzisen Gesten lebendige Strukturen, gestaltete Übergänge und Ablösungen zwischen den Stimmgruppen. Dass die einzelnen Streichergruppen und der Holzbläsersatz mitunter nicht ganz homogen intonierten, störte nicht weiter - schade aber war, dass die Philharmoniker an diesem Vormittag im Piano nie an die Grenze des noch Hörbaren gingen. Geflüstertes kann doch so viel spannender sein als eine quasi amtliche, von keinem Zweifel angekränkelte Mitteilung.

Dafür servierten die Musiker zum Klavierkonzert von George Gershwin, diesem gekonnten Zwitter aus Jazz und europäischer Klassik, raffinierte Legatofarben und einen süffigen Blechbläsersound, einschließlich Blue Notes der gedämpften Trompete. Auch der Solist Gerhard Oppitz spielte virtuos mit einem Spektrum an Klangeffekten, die ihm jede deutsche Klavierlehrerin verboten hätte, bis hin zum lustvollen Liegenlassen des Pedals. Dann wieder perlte sein Spiel blitzblank wie bei Mozart, aufmerksam gefolgt von den Streichern. Leider war die Begleitung ansonsten häufig nur ungefähr mit dem Klavier zusammen.

Hörbar mehr in seinem Element war das Orchester bei Smetanas Allzeitschlager "Die Moldau". Doch geriet die klingende Landschaftsmalerei oft etwas dick. Im Schwesterwerk "Aus Böhmens Hain und Flur" differenzierten die Musiker mehr zwischen Bläsersoli und Tuttistellen, auch wirkte der Streicherklang bewusster geformt als zuvor.

Und den würdigen Abschluss machten die "Tänze aus Galánta" von Zoltán Kodály. Erstaunlich würdig sogar: Lothar Zagrosek dirigierte diese Tänze, die doch von ungarischen Volks- und Romaweisen inspiriert sind, im noblen Gestus westeuropäischer romantischer Sinfonik. Ein wenig mehr Ursprünglichkeit, mehr Derbheit, mehr metrische Freiheit hätten da nicht geschadet.