Das Kinodebüt des US-Autors Richard Levine ist eine gelungene Tragikomödie

Hamburg. Man möchte nicht tauschen mit Jeannie (Helen Hunt) in dieser Nacht, für kein Geld der Welt: Der Vater liegt in der Notaufnahme, der Sohn schmeißt auf einer Schwulenparty eine bunte Pillenmischung ein, der Mann kann gerade nicht ans Handy gehen, weil er mit der Kollegin im Pool planscht - einer dunkelhaarigen Schönen mit Aerobiclehrerinnenfigur.

"Eine Familie wie jede andere" ist das Spielfilmdebüt des US-Autors Richard Levine, der unter anderem die bitterböse Schönheitschirurgensaga "Nip/Tuck - Schönheit hat ihren Preis" ersonnen hat. Und nicht von ungefähr spielt sein Film in der Welt des schönen Scheins: Ned (Liev Schreiber) eiert als Drehbuchautor mehr vor sich hin, als dass er wirklich arbeitet; sein Chef ist ein Ekelpaket, ein zugekokstes Äffchen, das dem Schreiberling flambierte Penisse ins Drehbuch quatschen will - zwecks höherer Quote.

Schöne Bilder findet Levine für das langsame Auseinanderdriften des Ehepaars, die zwar ein gutes Team sind, aber langsam an den Alltagsärgernissen zerbrechen. Jeannie ist gestresst von ihrem kranken Vater, der 17 rezeptpflichtige Medikamente einnehmen muss, aber lieber heimlich die Schnapsvorräte leert. Und Ned versucht verzweifelt, ein wenig Würde zu bewahren in seinem Beruf, der von Skrupel und Schwäche nichts wissen will. Kein Wunder, dass sich beide abends im Bett nur noch den Rücken zudrehen; froh, dass der Tag endlich vorbei ist.

Nicht auf Pointe hin ist diese Tragikomödie geschrieben, die Konflikte sind nicht künstlich hochgejazzt. Es ist der ganz normale Wahnsinn des Alltags, der über diese New Yorker Familie hereinbricht plus ein paar extraschöne Katastrophen. Liev Schreiber und Helen Hunt überzeugen als Paar, dem der Wind kräftig entgegenbläst; Leinwandveteran Brian Dennehy ("Streets of Philadelphia") bringt als depressiver Nörgler-Großvater eine komische Note in den Film. "Schwuler Sohn, Scheißjob, Frau über 40", schleudert Jeannie in einer Szene Ned seine drei größten Lebensnieten entgegen. Aber zu diesem Zeitpunkt hat sie wirklich einen besonders miesen Tag hinter sich.

"Eine Familie wie jede andere" Sonntag, 23.55 Uhr, ARD