Martin Sheen und Emilio Estevez überzeugen in der Tragikomödie “Dein Weg“

"Ich bin dann mal weg": Hape Kerkeling hat mit seinem Buch über das Pilgern entlang des Jakobswegs nicht nur einen Bestseller geschrieben, sondern auch große Ver- und Bewunderung ausgelöst. Dass ein erfolgreicher und beliebter Moderator und Komiker das Bedürfnis hat, eine Auszeit zu nehmen und sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren, sich vielleicht sogar auf religiöse Sinnsuche zu begeben, nötigte vielen Lesern Respekt ab. Der saloppe Buchtitel verweist schon darauf, dass es Kerkeling eher um ein Entkommen ging als um das Erreichen eines Ziels, und mit diesem Gedanken kommt man den vier Hauptfiguren des Films "Dein Weg" von Regisseur Emilio Estevez und seinem Vater Martin Sheen in der Hauptrolle schon sehr nahe.

Tom Avery (Martin Sheen), Augenarzt aus Kalifornien, muss auf dem Golfplatz telefonisch erfahren, dass sein einziger Sohn Daniel (in Rückblenden zu sehen: Emilio Estevez) auf dem Jakobsweg tödlich verunglückt ist. Nun fliegt der Witwer nach Spanien, um die Leiche zu überführen. Zur Trauer gesellt sich auch Irritation: Was mag Daniel dazu bewogen haben, auf dem Jakobsweg zu pilgern? Tom muss sich eingestehen, dass er seinen Sohn kaum gekannt hat, und mit einem Mal steht sein Entschluss fest: Er lässt Daniel verbrennen, verstaut die Asche in dessen Rucksack und macht sich auf die Socken.

Doch er bleibt nicht lange allein: Da ist die ketterauchende Kanadierin Sarah (Deborah Kara Unger), die ihre Verletzlichkeit hinter einer zickigen Fassade verbirgt. Der pummelige (und bekiffte) Holländer Joost (Yorick van Wageningen) will seinen Kummerspeck durch die Marschiererei verlieren, und der Ire Jack (James Nesbitt) ist Autor mit Schreibblockade. Ein kurioses Quartett mit Macken, das sich zunächst ganz schön auf die Nerven fällt.

Ein Roadmovie per pedes, und wie in jedem guten Roadmovie gibt es auch hier unterwegs, unterteilt in mehrere Episoden, Probleme und Begegnungen, Ärger und Zuspitzungen. Nicht alles hat Estevez dabei schlüssig aufgelöst. Sarah ist mit ihrer Zickigkeit arg überzeichnet, die komischen Einschübe wirken manchmal platt und oberflächlich, der Blick auf die Einheimischen und ihre Gewohnheiten gerät gelegentlich zu klischeehaft.

"Dein Weg" ist immer dann am besten, wenn er sich auf die anrührende Vater-Sohn-Geschichte, die durch Regisseur und Hauptdarsteller wundervoll gespiegelt wird, konzentriert und der Selbstfindung der Figuren, ob religiös bedingt oder aus sich selbst heraus, ernsthaft nachspürt. Keine Frage, dass der Jakobsweg sie verändern wird.

Bewertung: annehmbar

"Dein Weg" USA/Spanien 2010, 123 Min., o. A., R: Emilio Estevez, D: Martin Sheen, Deborah Kara Unger, Emilio Estevez, James Nesbitt, täglich im Abaton (OmU), Holi, Passage, Streit's (OF, nur Do-Sa, Di), Zeise; www.deinweg-film.de