Die schottische Band Snow Patrol schickt sich an, am 24. Juni die O2 World zu füllen

Es gibt diese Bands, die sich auf Konsens-Britpop verlegt haben. Manche Zeitgenossen behaupten sogar, dass die Musik von Keane, Coldplay und Snow Patrol schon nicht mehr zuzuordnen sei. Sicher, es geht auch anders. Radiohead hat sich aufs manische Experimentieren verlegt - und ist trotzdem eine große, erfolgreiche Band geblieben. Manch einer stöhnt auf angesichts gefühlter Bombast-Langeweile. Andere freuen sich, dass da noch Bands keine Angst vor großen Gesten haben.

Snow Patrol zählt auf jeden Fall zur ersten Riege der Pathos-Popper. Und die Band ist wahnsinnig erfolgreich damit. Inzwischen. Lange Jahre musste sie durch verstaubte Indie-Clubs tingeln, bevor der Durchbruch kam. Die ersten drei Alben der schottisch-irischen Band hat die Indie-Gemeinde geflissentlich ignoriert. 1994 trug die Gruppe, bestehend aus drei Studenten der Universität Dundee, Gary Lightbody, Michael Morrison und Mark McClelland, noch den Namen Shrug. 1995 benannte sie sich in Polar Bear um. Seit 1997 heißt sie Snow Patrol. Während ihrer Ochsentour, so ist es überliefert, schliefen die Bandmitglieder bei Fans auf dem Fußboden und gaben vor, zur Band Belle & Sebastian zu gehören, um Zutritt zu Nachtclubs zu erhalten.

Mit dem Album "Final Straw", von U2-Produzent Garret "Jacknife" Lee betreut, ging es endlich aufwärts. 2006 mit dem vierten Album dann der Höhepunkt. "Eyes Open" hieß das Erfolgswerk, "Chasing Cars" die dazugehörige Trauerkloßhymne, die nicht nur Fans der Weißkittel-Serie "Greys's Anatomy" begeisterte. Obwohl "Shut Your Eyes" der viel zackigere und bessere Song gewesen wäre. Die Band dreht auch ein paar stimmungsvolle Naturmystik-Videos dazu unter anderem von Brett Simon und Choreografin Noemie Lafrance, die schon mit Feist gearbeitet hat.

Gleichzeitig haftet der Band und ihrem Sänger etwas Aufrechtes und Ehrliches an, das die Massen überzeugt Snow Patrol ist eben eine Gruppe, die an einem bestimmten Punkt alles richtig gemacht hat. Auch wenn man sie in der Öffentlichkeit kaum wahrnimmt, hat die Band mehr als zehn Millionen Alben weltweit abgesetzt, die Tourneen verkaufen sich wie geschnitten Brot.

Als zweimaliger Support der Mutter aller Bombastrockbands, U2, hat die Combo um Gary Lightbody ihr Zuhörerreservoir zuletzt nochmals gewaltig erweitert. Wer sie vor einigen Jahren im Berliner Olympiastadion erlebt hat, weiß, dass sie den Elchtest der Gigantomanie lange bestanden haben. Hinzu kamen fünf Meteor Ireland Music Awards und Nominierungen für drei Brit-Awards.

Auch das aktuelle Album "Fallen Empires", das im vergangenen Jahr in die Welt fiel, preschte in den deutschen Albumcharts gleich auf Platz drei vor. Es enthält Songs, die so austauschbar wie gefragt sind. Auch wenn sich die Band ein wenig mehr Pop-Appeal, sogar gelegentliche Ausflüge in Techno-Rhythmen gönnt. Mit "Called Out In The Dark" hat das Album auch wieder einen veritablen Hit vorzuweisen.

Und er wirkt mit den eingängigen Strukturen und dem immer leicht beschwerten, leicht genervten Timbre des Sängers wie perfekter Kuschelrock für Indie-Jünger. Das ist nichts für zwanghafte Optimisten, aber tröstlich für alle, die gelegentliche Schwermut oder Anflüge von Unvermögen in dieser Welt verspüren. Kalkuliert, aber auch mitreißend die rasselnden Drums und hymnischen Gitarren im Titelsong. Vergleichbar Coldplay gibt sich Snow Patrol einen leicht revolutionären Touch.

Das sieht verdammt gut aus. Und macht ordentlich was her. Ohne Ecken und Kanten. Einen Song dürften sie wahrscheinlich taktvoll auslassen, wenn sie am 24. Juni die O2-World beschallen: "Berlin". Merkwürdigerweise wird der Song für einen TV-Werbespot der irischen Tourismusindustrie im deutschen Fernsehen verwendet.

Snow Patrol So 24.6., 20.00, O2-World (S Stellingen + Shuttle-Bus), Sylvesterallee 10, Karten ab 52,60 im Vvk.; www.snowpatrol.com