TV oder Leinwand? Frank Hemjeoltmanns bespielt beide. Der Artstore St. Pauli zeigt seine Kunst. Für Soaps verfasst er die Drehbücher.

Artstore. Ein typischer Zwilling sei er, sagt Frank Hemjeoltmanns und nippt an seinem Milchkaffee. "Bei mir pendelt das immer hin und her." Das Heißgetränk hat er in seiner eigenen Küche zubereitet, dann gemeinsam mit einem Franzbrötchen einige Meter über die Alsterdorfer Straße getragen, durch einen verwachsenen Hinterhof bis in sein Atelier. Diffus fällt dort die Sonne durch ein Oberlicht. Auf Leinwände, auf denen Landschaften und Frauen zu sehen sind. Auf Farbtuben, Pinsel und eine leere Pralinenschachtel, die als Palette dient.

Der Ort ist seine "kreative Mönchszelle", wo er die eine Seite seiner Zwillingsnatur auslebt. Die des Künstlers. Und als solcher gestaltet der 47-Jährige derzeit seine dritte Ausstellung im Artstore St. Pauli. "Ich bin etwas im Stress", gesteht er. Denn seine andere Zwillingshälfte fordert ebenfalls Aufmerksamkeit. Die, die für die Miete sorgt. Die, die Frau und zwei Kinder mitfinanziert. Die, die Geschichten für Seifenopern verfasst. Aktuell will "Rote Rosen", der TV-Erfolg aus Lüneburg, fortgeschrieben werden. Fernsehen und Gemälde - zwei sehr unterschiedliche Rechtecke. Aber beide spiegeln das Leben. Und für Hemjeoltmanns ergänzen sie sich gut.

Als junger Mann studierte er in Karlsruhe Kunst. "Das war eine richtige Malakademie, beeinflusst von Lüpertz und Baselitz", erzählt Hemjeoltmanns, dessen Arbeiten zugleich stark vom Comic inspiriert sind. Als Zivi verschlug es ihn nach Hamburg, wo er in einem Seemannsheim arbeitete. "Ich habe schnell gemerkt, dass es als Künstler nicht so einfach war, in der freien Wildbahn anzulanden", erinnert er sich an seine Anfänge in der Hansestadt. Als ihn sein Kumpel Volkmar Nebel damals fragte, ob sie nicht gemeinsam fürs Fernsehen schreiben wollten, verlagerte er sein schöpferisches Potenzial kurzerhand auf das Wort. Schließlich spielt Geld dann irgendwann doch eine Rolle. Und ein wenig Glück gehört ebenfalls dazu.

Ihren ersten Credit erschrieben sich beide mit einer "Peter Strohm"-Folge für TV-Legende Jürgen Roland. Ebenfalls "sehr erfreulich" war für Hemjeoltmanns, dass Hubertus Meyer-Burckhardt Ende der 90er-Jahre ihre Krimikomödie "Das Glück liegt hinterm Deich" mit Dominique Horwitz in der Hauptrolle produzierte. Der größte Erfolg des Autorenduos war jedoch, vor gut zehn Jahren die Figur der "Tatort"-Ermittlerin Charlotte Lindholm zu entwickeln. Dazwischen lagen aber auch diverse abgelehnte Stoffe und Skripte.

"Du brauchst ein unglaubliches Frustpotenzial, um Drehbücher zu verkaufen", bilanziert er. Als sichere Bank kristallisierte sich letztlich die akkordartigere Arbeit an TV-Serien wie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", "Marienhof" und eben "Rote Rosen" heraus. Für Hemjeoltmanns "Kommunikation pur". Wenn er das Produktionsteam und die Schauspieler in Lüneburg in der Kantine trifft, mache ihn das wach. Das Reden und das Rumalbern. Doch die (einsamere) Kunst, die lief immer mit. "Die ist mein roter Faden", sagt Hemjeoltmanns, "auch wenn der zwischendurch mal dünner wurde."

Während er das Leben der anderen, der Fiktiven im Fernsehen, oftmals rosarot malte, wählte er 2008 für seine Malerei ein satteres Farbspektrum und richtete den Blick gezielt auf eine Person: sich selbst. Jeden Tag stellte er sich vor den Spiegel und fertigte ein autobiografisches Aquarell an. Eine Übung in Disziplin. Und ein Tagebuch. "Ich wollte rückblickend auch anschauen, was ich jeden Tag getragen habe", sagt Hemjeoltmanns. "Denn ich interessiere mich sehr für Mode." Das ist nicht zu übersehen. Zum Cordjackett trägt er Einstecktuch, dazu ein rosa Hemd, Jeans und Lederslipper mit Goldschnalle. Nicht unbedingt das Klischee des wilden Künstlers. "In diesem einen Jahr habe ich gemerkt, dass ich mich doch recht wohlfühle in meiner Haut", erzählt er. Ein Optimismus, der auch in seiner aktuellen Ausstellung zu spüren ist, die jetzt unter seinem Quasi-Pseudonym Tennessee Ulysses Hemjeoltmanns eröffnet wurde.

Seine Zeichnungen, Gemälde und Scherenschnitte tragen einen Strich, der nie auf Vollkommenheit setzt, sondern stets noch die Energie des Unfertigen in sich birgt. Die Inspirationsquellen reichen dabei von Bildbänden bis zu Google, von Claude Lorrain bis Marc Chagall.

"Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung" lautet der Titel der Schau, in der Hemjeoltmanns "Bilder der Hoffnung" zeigen will. "Wie lässt sich das Barocke, das Ästhetische dazu nutzen, dass die Dinge sich zum Guten wenden?", lautet eine seiner Fragen in krisengeschüttelten Zeiten. Hemjeoltmanns' augenzwinkernde Devise dabei: "Schutzengel sind vonnöten, je hübscher, desto besser." Denn seine in der Regel weiblichen spirituellen Figuren sind meist wesentlich weniger vorabendtauglich als die schmalzig-schönen Storys der Soaps. Vor dem Kitsch jedoch, da schrecken beide Zwillingsseiten nicht zurück.

Tennessee Ulysses Hemjeoltmanns bis 29.6. (Di, Mi, Sa 12.30-18.00, Do + Fr 15.00-18.00), Artstore St. Pauli (U St. Pauli), Wohlwillstraße 10; www.artstorestpauli.com