Der Gangsterfilm “Banklady“ mit Nadeshda Brennicke und Charly Hübner wird derzeit in Hamburg gedreht

"Die Banklady mit den hübschen Beinen", "Die schöne Unbekannte" wurde Gisela Werler von der Presse genannt. Ziemlich schmusige Worte für eine Frau, die zwischen 1965 und 1967 im Großraum Hamburg insgesamt 19 Banken überfiel. Aber Werler war anders: keine abgezockte Verbrecherin, sondern ein Mauerblümchen aus Arbeiterkreisen, das seine Raubzüge absolvierte, als bestellte es eine Runde neuer Kleider in der Damenabteilung. Eine Frau, die ihrem Job in der Tapetenfabrik in Altona entfloh, indem sie ihren Kittel gegen Seidenhandschuhe, Kostüm und Pistole tauschte.

Derzeit wird die Geschichte der ersten deutschen Bankräuberin fürs Kino verfilmt, die Dreharbeiten auf dem Kiez, wo der Film der Presse vorgestellt wurde, dauern noch zwei Wochen an. Weitere Drehorte sind bis Ende Juli die Insel Fehmarn und Bremen. Der Film soll 2013 in die Kinos kommen, später in der ARD zu sehen sein.

Nadeshda Brennicke trägt beim Pressetermin im plüschigen Safari Club an der Großen Freiheit eine hundsbraune Topffrisur zum Musterminikleid und sieht aus, als hätte sie gerade einen Werbespot für Feinwaschmittel abgedreht. Sie mag sich nicht allein fotografieren lassen, nur mit ihrem Team, zu dem auch Ken Duken (mit Nerd-Brille) und Heinz Hoenig (reißt die Koordination der Fotografenmeute erfolgreich an sich) gehören.

Brennicke hat den Stoff selbst aufgetan, Regisseur Christian Alvart von ihm überzeugt, der wiederum den NDR ins Boot holte. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein gab Geld, ebenso die FFA. "Eine norddeutsche Version von Bonnie & Clyde" erzähle der Film, verkünden die Macher vollmundig - allerdings mit besserem Ausgang. Klingt zu gut, um wahr zu sein. Aber in Zeiten, in denen man sich an nicht einen einzigen anständigen deutschen Bankraub-Film erinnert, während Amerika sie am Fließband produziert, kann man für eine Arbeit wie "Banklady" nur dankbar sein. Und Regisseur Christian Alvart hat mit "Antikörper" immerhin bewiesen, dass er es versteht, dem hierzulande im Kino verwaisten Genre des Polizeifilms, Gangsterfilms und Thrillers neues Leben einzuhauchen.

Tempo steckt in diesem Stoff, Spannung und eine gute Portion Absurdität - das kann man sagen, ohne eine Szene des Films gesehen zu haben. Außerdem erzählt "Banklady" die Emanzipationsgeschichte einer Frau im spießigen Nachkriegsdeutschland sowie die Liebesgeschichte zwischen Werler und ihrem Komplizen Hermann Wittorf, einem Taxiunternehmer mit Schuldenberg, der vom Wohnzimmer mit Blümchentapete, von Frau und Kind regelmäßig kleine Auszeiten nahm und seinem Händchen, seiner Leidenschaft für Abenteuer und Raubzüge frönte.

Gespielt wird Wittorf von dem Hamburger Schauspieler Charly Hübner, bekannt für seine immer wieder sehenswerte Darstellung des wuchtigen "Polizeiruf 110"-Kommissars Alexander Bukow aus Rostock. Hübner trägt einen spackigen Pullunder, Jackett, viele Brauntöne und freut sich, dass er mit dem Fahrrad am Morgen aus Ottensen zur Arbeit fahren kann. Als "Charmeur", als "schrägen Vogel" beschreibt er seine Figur, als typisch norddeutschen Schnacker, "mit riesengroßer Klappe und ein klein bisschen was dahinter". Ambivalente Figuren sind ohnehin das Spezialgebiet von Hübner; Männer wie Kommissar Bukow, die nicht zu fassen sind. Oder ein Mann wie Wittorf, der zu Hause den biederen Familienvater spielt und seine Ganovenseele bei Coups mit seiner Crew auslebt. Der von Aufbauzeit, Schwarzmarkt, Jahren ohne feste Regeln geprägt wurde - und diese Attitüde munter ins Geldbeschaffen übersetzt. Nur selten bekomme er historische Stoffe angeboten, sagt Hübner, dieser hier erwies sich gleich als Volltreffer.

Die 60er-Jahre in Hamburg nachzudrehen gestalte sich schwierig, sagt Produzent Sigi Kamml, schwerer als ein Film über das 19. Jahrhundert. Kaum ein Straßenzug, der noch vollständig aus 60er-Jahre-Bauten bestehe; die verschiedenen Bankfilialen werden in alten Supermärkten und Autohäusern gedreht. Eng an der wahren Geschichte der Gisela Werler sei das Drehbuch angelegt, sagt Alvart, der bei zwei Kieler "Tatort"-Krimis Regie geführt hat.

Die Geschichte der Gisela Werler hat kein Happy End. Am 15. Dezember 1967 stürmt das Ganovenpaar, das bei diesem Überfall endlich mehr als 100 000 Mark erbeuten und sich danach zur Ruhe setzen will, die Kreissparkasse Bad Segeberg, Angestellte werden bei einer Schießerei verletzt, an einer Tankstelle schließlich stoppt die Polizei das Pärchen. Hermann Wittorf wird zu 13 Jahren, Gisela Werler zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Sie stirbt 2003 im Alter von 69 Jahren.

Zehn Jahre später wird ihre Geschichte auf der Leinwand zu sehen sein. Eine Geschichte über Freiheit und Träume, Geld und schöne Beine.