Jugendliche Strömung: Der ARD-Spartenfernsehkanal EinsPlus will die unter 30-Jährigen ansprechen und holt sich Hilfe vom Radio

Was hip ist, soll hier rein! Und weil Jugendkultur bei der ARD eher Radio- als Fernsehsache ist, darf nun die junge Welle "DASDING" vom Südwestrundfunk der über die Jahre eingeschlafenen ARD-Fernsehnische EinsPlus beim Erfolgreichwerden ein wenig auf die Sprünge helfen. Vier Stunden "junges Programm in der Primetime" sollen es ab Montagabend sein - täglich und somit "verlässlich und gut auffindbar" etikettiert.

Neun neue Sendungen bieten die Baden-Württemberger, wobei die Einschaltquote erst einmal noch kein Thema sei, sagt Projektkoordinator und "DASDING"-Programmchef Wolfgang Gushurst, vielmehr erwarte man zunächst einen Quoteneinbruch, da ab 30. April um 20.15 Uhr der Zuschauer fortan nun eben nicht mehr wie gewohnt "Flußkreuzfahrt mit Meisterkoch" oder "Die Oma-WG am Deich", sondern Sachen wie das durchgestylte "BEATZZ - Das Musikmagazin" zu sehen bekommt. Da sich der Marktanteil von EinsPlus, das federführend vom SWR betreut wird, auch aufgrund mangelnder Bekanntheit derzeit allerdings nur geringfügig über der Messbarkeitsgrenze befindet, sind ein paar Zuschauer weniger erst einmal verkraftbar.

Mit dem Hauptabendprogramm bis 0.30 Uhr will man dem Versinken in der Belanglosigkeit fortan gegensteuern und anspruchsvolles Jugendprogramm bieten. Das Team der Macher stammt dabei aus verschiedensten Abteilungen des SWR: Techniker sind ebenso dabei wie Moderatoren und Redakteure. Inhaltlich steuert die Popwelle SWR3 zum Beispiel die Unterhaltungssendung "SWR3 latenight" samt Moderator Pierre M. Krause bei, der schon das Fernsehformat DASDING.TV entwickelte.

Allen Mitstreitern sind reguläre Arbeitszeiten freigeräumt worden, um sie zum dauerhaften Mitwirken beim Projekt "Junger Abend" zu mobilisieren.

Expertise kommt dabei hauptsächlich von seinem Radiosender "DASDING", der sich längst und ganz im Sinne der heute angesagten Trimedialität mit Videos im Internet und im regionalen SWR-Fernsehen an die junge Zielgruppe wendet. Verstärkt sollen zukünftig allerdings auch andere junge ARD-Wellen die neue Sendestrecke von EinsPlus mitgestalten. Schon jetzt gibt es "on3-südwild" vom Bayerischen Rundfunk zu sehen, der RBB steuert die erfolgreiche Sendung "Krömer" bei.

Dass die wirklich interessanten Dinge oft auf Nebenschauplätzen der Fernsehlandschaft stattfinden, will EinsPlus fortan also unter Beweis stellen. Einige der auf YouTube bereits online gestellten Clips nun startender Sendungen stimmen dabei hoffnungsvoll, andere eher weniger. Wer schon im Programmheftchen von "angesagten Stars" und "allem Wissenswerten" schwadroniert, wirkt wie im Mainstream der Belanglosigkeiten angekommen. Wer sehen will, wie die Band Deichkind beweist, "dass sie sich noch nicht alle Gehirnzellen durch Drogen abgeschossen" hat, sollte das Musikmagazin nicht verpassen. Sehenswert dürften "die schönsten Kotz-Videos" sein.

Inhaltlich tiefschürfender gibt sich der sogenannte "ReporTalk" mit dem Titel "Klub Konkret". Ein Reportage- und Talkformat für junge Menschen zwischen 14 und 29 will man sein und seinen Zuschauern "alle zwei Wochen eine große Frage beantworten". Zwei davon sind: "Brauchen wir eine Piratenpolitik?" und "Soll ich mal heiraten?"

In die Kategorie "Skurril" dürfte "Waschen. Schneiden. Reden" fallen, eine unmoderierte "Dokuserie", die "in unterschiedlichen Milieus junge Friseure und junge Kunden ins Visier nimmt. Dies freilich soll "direkt, unverstellt und humorvoll" vonstatten gehen - bei einem "Multikulti-Friseur" in Mannheim, einem "gefragten Stylisten" und einem "waschechten Ostberliner", der natürlich sowohl tätowiert als auch gepierct daherkommt.

Die große Herausforderung für EinsPlus dürfte nun sein, auf das eigene Programm aufmerksam zu machen. Das sollen viele der jungen ARD-Radiowellen in den kommenden Wochen besorgen, auch im Ersten Fernsehprogramm soll es werbende Trailer geben.

Um längerfristigen Erfolg auf dem Fernsehmarkt zu haben, müssen es alle Beteiligten nur mit ihrer Moderatorenkollegin Franziska Storz halten, die zu Protokoll gibt, ein "riesengroßer Fan der alten Tante ARD" zu sein: "Aber bei der reicht es inzwischen nicht mehr, nur die Fingernägel rot zu lackieren, um ein bisschen jünger zu wirken - da muss schon mehr renoviert werden."

Ab heute, 20.15 Uhr. Informationen zur Empfangbarkeit: www.einsplus.de