Der Kommissar aus dem Allgäu ermittelt in “Milchgeld“ erstmals in der ARD. Zwar löst er stoisch den Fall, der Humor aber bleibt im Dialekt stecken.

Er ist der klassische Strebertyp, nein, nicht der Kluftinger, sondern der Maier, Kluftingers Assistent. Schwarze große Hornbrille, akkurat gescheitelte Haare, leicht gegelt, immer korrekt gekleidet. "Sind wir hier beim James Bond?", ruft Kluftinger fragend später im Film durch das Kommissariat, als Maier im noblen schwarzen Zwirn und dunkelblauer Seidenkrawatte zur Beerdigung des Opfers gehen will. Nein, sind wir nicht. Wir sind mitten in der Verfilmung des Kriminalromans "Milchgeld" von dem bayerischen Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr - der eine Tageszeitungsredakteur im Hauptberuf, der andere Realschullehrer für Deutsch und Französisch.

Sechs im idyllischen Allgäu angesiedelte Kluftinger-Romane hat das Erfolgsgespann bislang geschrieben. Sechs Bücher mit Bestsellergarantie. 2009 kam mit "Erntedank" die erste Verfilmung ins Fernsehen, in das dritte Programm des Bayerischen Rundfunks. Jetzt also "Milchgeld" auf der großen Bühne, zur Primetime im Ersten.

Sauer ist die Milch nicht, aber zu teuer. Und tot ist auch noch einer. Und zwar der Lebensmitteltechniker der ortsansässigen Großmolkerei. Erdrosselt liegt er unter dem Rauchglastisch in seinem Wohnzimmer, und das auch noch mitten in Altusried, Kluftingers Heimatscholle, wo eigentlich nie etwas passiert. Eigentlich halt. War nicht wirklich beliebt der Tote, hat die Milchpreise gedrückt, und die Bauern, sie murrten. Quasi Heugabel in der Lederhosentasche.

Kommissar Kluftinger soll es richten. Dass im Laufe der Ermittlungen allerdings seine Frau allein in den Urlaub nach Spanien fährt, weil Kluftinger halt den Fall an den Hacken hat, das passt ihm nun so gar nicht, obwohl er ja seine schöne Heimat weit mehr liebt als die unbekannte Fremde. Kluftinger also allein zu Haus. Zudem mischt sich auch noch der Herr Vater in den Fall ein. Das braucht's dann schon mal gar nicht.

Herbert Knaup gibt den Kluftinger so deftig, wie es die Romane vorsehen - als grantelnden, knorrig-bayerischen Typen, ungelenk, schwerfällig von Statur und Geist. In nichts nach steht dem Kluftinger sein Vater, der Kriminalkommissar a .D., dem Thilo Prückner Leib und Seele gibt. Und dann ist da ja noch jener Musterschüler Maier (Johannes Allmayer), Kluftingers karriereorientiertes Helferlein, das während der Ermittlungen jedes Recherchedetail mit heller Knabenstimme in sein Diktiergerät spricht. Das ist dann schon manchmal komisch, wenngleich auch etwas bemüht, wird aber den saftigen Heimatkrimis von Klüpfel und Kobr vollauf gerecht, denn regionaltypischer Humor ist schließlich deren Markenzeichen.

Rainer Kaufmann, der schon bei "Erntedank" Regie führte, versteckt den Humor im eher Stillen und im Dialekt, den sie allesamt sprechen, nur der Maier nicht, aber der kommt auch aus Württemberg und ist doch der Lustigste. Was auch daran liegt, dass er immer zu verstehen ist, während der Allgäusprech der anderen Figuren sich sperrt, Einlass in norddeutsche Ohren zu finden. Natürlich verleiht dieser Dialekt den Figuren Authentizität und landestypische Verortung, aber ...

Kluftingers Weltbild dagegen ist wunderbar schlicht und transparent. Und so bittet er seine Sekretärin, Kontakt mit einer russischen Spedition aufzunehmen, schließlich käme sie doch aus dem Osten, wo ja alle Russisch sprechen könnten. Glatt aufs falsche Pferd gesetzt. "Herr Kluftinger, ich kann genauso wenig Russisch wie Sie Hochdeutsch", sächselt es dem konsternierten Kommissar entgegen. Womit wir wieder beim Dialekt wären.

Bei all dem schreiten die Ermittlungen dennoch voran. Auch wenn der smarte Maier hinter Kluftingers Rücken mit dessen Vater konspirativ den Fall zu lösen versucht. Was natürlich nicht so richtig klappt, und den Kluftinger ganz schön wütend macht, als er denn, langsam wie er nun mal ist, dahinterkommt. Beharrlichkeit zahlt sich eben auch im Bayerischen aus.

"Milchgeld" changiert zwischen Krimigroteske und Heimatkomödie, zwischen atmosphärischer Dichte und klischeehafter Alpenvorlandseligkeit. Herausragend sind allesamt die Schauspieler, auch die Laiendarsteller, sie passen einfach in diesen Landstrich, das ist ihre Welt, und die ist klein.

"Kennen Sie den Kant? Den kategorischen Imperativ?", wird Kluftinger gegen Ende des Films von seinem Chef, dem Polizeidirektor Lodenbacher, gefragt. "Na, nit dass i wüsst'", antwortet Kluftinger. Muss er auch nicht, das Leben geht auch so weiter. Ganz da unten, im schönen Allgäu.

"Milchgeld". Kluftinger-Krimi heute 20.15, ARD