Die Mainzer senden während des Fußballturniers aus dem Ostseebad Heringsdorf auf Usedom. Die ARD hat kein zentrales Sendestudio.

Hamburg. Die wohl gravierendste Veränderung, die die Fußball-Europameisterschaft für das ZDF mit sich bringt, ist geografischer Natur: Vom 8. Juni bis zum 1. Juli, wenn in Polen und der Ukraine die besten Kicker des Kontinents aufeinandertreffen, schlägt das Herz des Zweiten nicht wie sonst in Mainz, sondern in Heringsdorf.

Heringsdorf? Das ist ein Seebad auf der schönen Ostseeinsel Usedom, das vor dem Zweiten Weltkrieg als mondän galt. Dort werden die Mainzer während der Europameisterschaft ein Außenstudio aufbauen, den sogenannten "ZDF-Fußballstrand". Ähnliches gab es bereits zur WM 2006 und zur EM 2008, als das Zweite am Potsdamer Platz in Berlin beziehungsweise auf der Bregenzer Seebühne in Stellung ging.

Diesmal jedoch wird im Außenstudio nicht nur mit Live-Publikum Fußball geschaut und gefachsimpelt. Diesmal lagert das ZDF während der EM auch fußballfremde Programmbestandteile aus: Das Serviceformat "Volle Kanne" wird täglich von der Ostsee senden, und der "ZDF Fernsehgarten" zweimal auf Usedom Station machen. Johann Lafer und Horst Lichter werden an den Gestaden der Ostsee köcheln, und selbst das Frauenmagazin "ML mona lisa" muss an den "ZDF-Fußballstrand". Die Sportblöcke des "ZDF-Morgen- und des "ZDF-Mittagsmagazins" werden selbstredend ebenso aus Heringsdorf kommen wie das "Aktuelle Sportstudio" und die "Sportreportage". Und so wird das ZDF an den Werktagen, an denen es die EM-Spiele überträgt, fast durchgängig von 5.30 Uhr bis spät in der Nacht von der Ostsee berichten.

Man muss wissen, wie wichtig dem Zweiten sein EM-Studio ist, um ermessen zu können, wie sehr ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz ein Satz des ARD-Teamleiters Jörg Schönenborn getroffen haben muss, den dieser gestern bei der Vorstellung der EM-Aktivitäten beider Sender in Hamburg sagte: Das Erste, verkündete Schönenborn, habe aus "wirtschaftlichen Gründen auf ein zentrales Studio verzichtet".

Gruschwitz, der während der Ausführungen des ARD-Kollegen selbst auf dem Podium im Bauch der Imtech-Arena stand, wo ARD und ZDF ihr Programm präsentierten, ist aber viel zu sehr Profi, als dass er sich etwas hätte anmerken lassen. Erst nach Ende der Veranstaltung gab er im persönlichen Gespräch zu erkennen, dass ihm Schönenborns Spitze nicht entgangen war. Die Annahme, der Verzicht auf ein zentrales Studio spare Geld, sei falsch, sagte er. Die ARD müsse an jedem Spieltag, an dem sie berichte, für ihre Reporter Reinhold Beckmann und Gerhard Delling sowie den Experten Mehmet Scholl im Stadion ein Studio aufbauen. Das sei ebenso teuer wie der "ZDF-Fußballstrand", von dem sich seine Reporterin Katrin Müller-Hohenstein und Experte Oliver Kahn melden werden. Kahn übrigens, das erwähnte Gruschwitz am Rande der Pressekonferenz, wird dem ZDF für drei weitere Jahre als Experte zur Verfügung stehen. Ihn will das Zweite auch für die Spiele der Champions League einsetzen, von denen der Sender ab August berichten wird.

Schönenborn veranschlagt für den ARD-Auftritt bei der EM Kosten in Höhe eines "ein- bis zweistelligen Millionenbetrages". Mit anderen Worten: neun bis zehn Millionen Euro. Damit liege man auf dem Niveau der EM 2008, was ihn stolz mache, weil diesmal die Reisewege weiter seien. Die Zahl der ARD-Mitarbeiter, die von der EM berichten, liege unter 300. Sowohl bei den Kosten als auch bei der Zahl der Mitarbeiter bewege man sich auf demselben Niveau wie die ARD, sagt ZDF-Mann Gruschwitz.

Das Eröffnungsspiel am 8. Juni wird das Erste übertragen. Das Finale ist dann im ZDF zu sehen. Berichten wollen beide Sender während der EM auch über die in puncto Menschenrechte nicht unproblematische Lage in der Ukraine. "Wenn deutsche Politiker mit dem ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch gemeinsam ins Stadion gehen, wird das bei uns ein Thema sein", sagt Schönenborn.

Zumindest das sehen seine Kollegen vom ZDF ganz genauso.