Die erste deutsche Weltnacht des Buches feierte in Hamburg Premiere – u.a. mit Charlotte Roche, Tom Buhrow und Gustav Peter Wöhler.

Hamburg. Trotz würdevoller und steinerner Pracht, die seit Jahrhunderten fest und unverbrüchlich steht, im Herzen Hamburgs, wie man so schön sagt: Der Rathausmarkt ist doch eher ein Ort der Unrast und der Aufgeregtheit. Umso bemerkenswerter, dass gestern Abend eine so leise Angelegenheit wie die Literatur für einige Stunden den Pulsschlag der City ein wenig beruhigen konnte. Und zwar anlässlich der ersten deutschen Weltbuchnacht, die am Welttag des Buches in Hamburg stattfand.

Initiiert vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, wurden vor dem Rathaus in einer mehrstündigen Veranstaltung das Buch, das Lesen und das Schreiben gefeiert und beworben. Warum das? Na, zum Beispiel deswegen, weil die Hälfte aller Deutschen selten oder nie liest. Für all diese veranstalteten Moderator Ulrich Wickert und Gäste eine überzeugende Leistungsschau der Literatur. Das sah so aus, dass zum einen ein ziemlich besonderes Buch verschenkt wurde; nämlich das letzte von einer Million Büchern, die in der Aktion "Lesefreunde" verteilt wurden. Zum andern plauderten Leser (und Autoren) wie Tom Buhrow, Alexandra Kamp, John Neumeier, Gustav Peter Wöhler oder TV-Köchin Cornelia Poletto über ihre Lieblingswerke. Joachim Lux vom Thalia las Hörderlin. Buhrow las auch - und zwar Bukowski. Die Stelle, die er für erstaunlich viele lang ausharrende Zuhörer und neugierige Laufkundschaft zu Gehör brachte, war mit Blick auf den Anlass sehr zahm.

Selbiges galt für die Starautorin Charlotte Roche, die zunächst Moderator Wickert einigermaßen aus der Fassung brachte ("Ich lese etwas Harmloses, damit Sie keinen Herzinfarkt bekommen") und dann eine, tatsächlich, harmlose Stelle aus ihrem Topseller "Schoßgebete" las. Sie machte das sehr gut, im nur scheinbar leichten Ton, der jedoch von Schwerem, Existenziellen kündet. Genauso war die hinreißende Performance-Poesie des Poetry-Slammers Lars Ruppel. Der versteht sich auf die Kunst des angewandten Lesens, durfte hernach aber nicht so viele Autogramme schreiben und Bücher signieren wie Charlotte Roche. Sie hat wahrlich keine Werbung nötig, nimmt aber alles und alle mit. Man muss die Bücherwelle reiten, bis sie bricht. Aber wird sie das jemals tun?