Altona zeigt die Nazi-Komödie “Sein oder Nichtsein“ nach Lubitschs Kultfilm

"Schuuuuulz!!!!" Der aus Dummheit oder nackter Hilflosigkeit orgelnde Schrei von "Konzentrationslager-Ehrhardt" nach seinem Vorzimmer-Sklaven in SS-Uniform klingt jedem in den Ohren, der einmal Ernst Lubitschs Film "Sein oder Nichtsein" gesehen hat. Die satirische Nazi-Komödie inszeniert Christian Nickel, Protagonist im Ensemble des Wiener Burgtheaters, in einer Fassung des Drehbuchs von Nick Whitby jetzt für das Altonaer Theater. Auf der Schwesterbühne, in den Kammerspielen, verbucht Intendant Axel Schneider gerade mit einem anderen Stück, das sich über Nazi-Größen lustig macht, einen satten Publikumserfolg. Streiten sich in Theresia Walsers "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" drei eitle Mimen darüber, wer am überzeugendsten die Führerriege im Dritten Reich verkörpern könne, spielt im Lubitsch-Film eine kleine polnische Schauspielertruppe - die "Hamlet"-Frage "Sein oder Nichtsein" durchaus in existenzieller Bedeutung stellend - um ihr Leben.

1941 gab es noch keinen Skandal, als der Berliner Ernst Lubitsch, Kind aus einer jüdischen Schneiderfamilie, im Hollywood-Exil begann, nach dem Stück des ungarischen Juden Melchior Lengyel "Noch ist Polen nicht verloren" einen Film zu drehen. Die beiden hatten zwar damals in Amerika - die Vereinigten Staaten waren noch nicht in den Zweiten Weltkrieg eingetreten - das Drehbuch durchsetzen können, mussten jedoch den Titel des späteren Meisterwerks in "Sein oder Nichtsein" ändern. Das Shakespeare-Zitat klang weniger anrüchig als eine Zeile aus der polnischen Nationalhymne.

Bekanntlich probt Joseph Tura, der Star in seiner Theaterkompagnie, auf einer Warschauer Klitsche das Anti-Nazi-Stück "Gestapo", in dem auch Hitler auftritt, dargestellt vom Chargenspieler Bronsky. Doch die Deutschen marschieren in die Hauptstadt ein, das Stück wird abgesetzt und "Hamlet" gegeben. Zu seinem Ärger bemerkt der selbstverliebte Knattermime, dass regelmäßig während seines großen Monologs ein junger Mann den Saal verlässt. Später wird er, nichts ahnend von der Liebelei seiner schönen Frau Maria mit dem Fliegerleutnant Sobinski, ins Bett zum Nebenbuhler kriechen ...

Andreas Christ spielt den in die Bühnendiva verschossenen Soldaten. Anne Schieber hält als extravagante Maria Tura den Heißsporn kokett hin - argwöhnisch beobachtet vom Gatten Joseph, der eher einem Othello ähnelt als dem Hamlet. Stephan Benson gibt den Dänenprinzen in Strumpfhosen und treibt als Tura in der Stunde des Komikers ein riskantes Doppelspiel.

Klamotte und Tragödie liegen in "Sein oder Nichtsein" nahe beieinander. Sie machen den besonderen Reiz des Films wie auch des Bühnenstücks aus, bilden aber auch eine Gefahr bei der Inszenierung dieses komödiantischen Tanzes auf dem Vulkan: Die Schauspieler müssen sich allen Ernstes um Kopf und Kragen spielen.

"Sein oder Nichtsein" 19.00, Altonaer Theater (S Altona), Museumstraße 17, Karten zu 15,- bis 29,- unter T. 39 90 58 70; weitere Termine unter www.altonaer-theater.de

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