Hamburg. Als Jan Delay auftritt, ist es mittlerweile 23.15 Uhr am Montagabend. Der Stimmung tut das jedoch keinen Abbruch. Nach I-Fire, den Ohrbooten und Kettcar war eine halbe Stunde zuvor Jan Plewka samt Band auf die Bühne der Fabrik gekommen, um im Rahmen der "Erneuerbaren Lesetage" Songs von Rio Reiser und Ton Steine Scherben zu singen. Delay kommt dazu, dichtet seinen Song "Vergiftet" auf Atomkraftwerke um, singt zusammen mit Plewka und dem Publikum noch einige Lieder von Reiser, darunter den Widerstandsklassiker "Keine Macht für Niemand", und das schon wegen des Titels gern genommene Lied "Alles Lüge".

Der Protest gegen die Risikotechnologie Atomkraft steht zwar im Mittelpunkt der Veranstaltung, doch viele der überwiegend jungen Gäste scheinen eher wegen der im Wortsinn günstigen Gelegenheit (die Karten kosteten im Vorverkauf 10 Euro), eine ganze Parade Hamburger Popgranden an einem Abend zu sehen, gekommen zu sein als aus politischen Gründen.

Ein knappes Dutzend Madsen-Fans ist sogar gleich ganz weggeblieben. Sie haben ihre Karten zurückgegeben. Ohne den erkrankten Sänger Sebastian Madsen und seine Band war das "Lesen ohne Atomstrom"-Konzert für sie nicht mehr interessant.